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Rosenstolz – Das Beste

Rezensionen / November 8, 2016

Einzigartige Lieder, große Gefühle, verzehrender Liebeskummer, bittersüße Trauer und die kleinen, intimen Momente. Damit verzauberten uns AnNa R. und Peter Plate über mehr als zwei Jahrzehnte hinweg.

In eine Zeit hinein, in der deutsche Musik oberflächlich mit ‚Schlager‘ gleichzusetzen war, gelang den beiden der Sprung, der noch heute seines Gleichen sucht.

Nach dem Seiltanz von einzigartigen Liveperformances und völligem Burnout im Jahre 2009, wunderte es letztendlich nicht, dass man sich im Dezember 2012 endgültig für eine längere Pause entschied, dessen unklares Ende bislang nicht aufgehoben wurde. Die vergangenen Jahre haben an den Kräften, der Kreativität gezehrt und viel Herzblut gekostet. Dafür haben der Dank und die uneingeschränkte Liebe ihrer Fans, das deutschen Duo zu einer unantastbaren Legende gemacht. Die berechtigte Aufmerksamkeit, die man sich teuer erkämpfen musste, forderte ihren Tribut und lässt im Dunkeln, ob es eines Tages wieder gemeinsam Schritt für Schritt zurück ins Rampenlicht geht.

Während Peter sich mit einem Soloalbum versuchte und nun festen Fuß in der deutsche Produzenten- und Komponistenszene gefasst hat, rief AnNa bereits 2012, noch während der vorläufigen Endphase der glorreichen Bandgeschichte, das ‚(Solo)Projekt‘ Gleis 8 ins Leben, die seit dem tragischen Krebstod des Saxophonisten Lorenz Allacher (†2014) als Trio weiter gemeinsam Musik produzieren.

Doch auch wenn sich die musikalischen Werdegänge der beiden Künstler getrennt haben, ist ihr meisterliches Machwerk noch längst nicht vergessen. Anlässlich ihres 25. Bandjubiläums entschied sich das Label somit, das extravagante Duo noch einmal zu würdigen – hätte die Titelwahl meines Erachtens nach jedoch lieber den beiden selbst in die Hände drücken sollen.

Schon bei dem ersten Blick auf die Rückseite des Longplayer fällt sofort ins Auge, dass 20 Tracks bei einem verheißungsvollen Titel wie ‚Das Beste‘ zumindest einer Doppel-CD mit höherer Anzahl von Titeln hätte entsprechen können. Immerhin zehren die beiden Interpreten von einer grandiosen Bandgeschichte sowie einer Diskographie, die innerhalb von unglaublichen 21 Jahren sage und schreibe 12 Alben hervorgebracht hat. Eventuell wollte man sich aber auch nicht zu sehr anhand älteren Sammelscheiben wiederholen, dennoch bildet die Discs maximal einen Rückblick auf die letzten Jahre ihrer Schaffenskunst (mit dem einen oder anderem weiteren ‚Ausflug‘). Ebenfalls fragwürdig, die stark an das Best-Of im Jahre 2000 „Das Beste und mehr“ angeknüpfte Titelwahl.

Somit schwingt bereits vor dem Genuss des Hineinhörens ein wenig Wehmut mit und möchte auch nicht so ganz abklingen, wenn man auf die Auswahl der Stücke schaut. Eine Band die bereits in frühen Jahren durch Extravaganz und tiefgreifenden Einfallsreichtum wahre Gassenhauer erschuf, hätte man mit mehr ‚Frische‘ auf diesem Album vertreten können. Denn gerade die ältere Generation erinnert sich sicher liebend gerne an Ohrwürmer, von denen sich andere deutsche Bands bis heute mehr als nur eine Scheibe abschneiden sollten! Dass unter anderem ganze Alben wie „Kassengift“ von 2000 keinerlei Erwähnung finden, spricht erneut dafür, dass eine Doppel-CD mehr als empfehlenswert gewesen wäre!

Nichtsdestotrotz kommen beim Hören der vertretenen Lieder Erinnerungen und Momente hoch, die ein wohlig warmes Kribbeln bis hin zu Gedanken an Liebeskummer und einsame Nächte weckt, die irgendwo mit den Jahren vergessen schienen.

Gerade mal vier Songs sind zu finden, die vor 1998 entstanden und somit eher den mageren Teil der CD ausfüllen. Dass man sich unter anderem mit ‚Königin‘ und ‚Schlampenfieber‘ für wahre Schätze entschieden hat, lässt zumindest ein zufriedenes Lächeln auf den Lippen zurück. Songs hingegen wie ‚Der größte Trick‘ oder ‚Lied von den Vergessenen‘ hätte man gerne aussparen können. Weshalb man sich ausgerechnet bei dem Cover für einen Ausschnitt aus dem Video zu ‚Ich komm an dir nicht weiter‘ von 2004 entschieden hat und dieses herzzerreißende Meisterwerk nicht als ‚Das Beste‘ gepresst hat, wird wohl ewig ein mir unlösbares Rätsel bleiben.

Letzten Endes möchte ich natürlich auch auf das liebevolle Booklet von Rosenstolz-Manager Roberto Monden ansprechen. Auch wenn zu bemängeln ist, dass man hier knapp die Hälfte der Bandgeschichte (aus Platzgründen?) nett ausgespart hat, wurde eindrucksvoll auf den Werdegang der Musiker eingegangen. Zumindest hier erkennt man Liebe zum Detail, die man an der einen oder anderen Ecke schmerzlich misst. ‚Nur einmal noch‘ ‚Die Zigarette danach‘ ‚Souberette werd ich nie‘ ‚Mittwoch ist der fällig‘ ‚Objekt der Begierde‘

…wo sind die im Booklet als die Einschnitte in die deutsche Musikszene angepriesenen Prachtexemplare? Somit bleibt das lang ersehnte Best-Of ein durchaus hörenswertes Album, das alles außer Kurzweile aufweist, aber dennoch nicht das würdige Werk eines 25. Jubiläums repräsentiert.
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