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Volbeat geben Volldampf!

Rezensionen / Juni 12, 2016

Da ist es also, Album Nummer 6 und das erste komplett vollwertige Album seit dem Einstieg von Ex-Anthrax-Klampfer Rob Caggiano. Und obwohl der Weg der sympathischen Dänen an die absolute Spitze der Rock/Metal-Szene quasi schon seit dem Debüt „The Strength/The Sound/The Songs“ von 2005 vorgezeichnet scheint, machte sich beim Schreiber dieser Zeilen vor allem nach dem direkten Vorgänger „Outlaw Gentlemen & Shady Ladies“ ein wenig Unruhe breit. Würde der Truppe um Front-Elvis Michael Poulsen langsam aber sicher der kreative Saft ausgehen? Würde man sich fortan nur noch auf altbewährtem und dem mit mehr als 3 Millionen verkauften Platten zementierten Status als derzeit wohl größte Heavy-Kapelle der Neuzeit ausruhen? Oder steckt da irgendwo doch noch ein Funken dieser Genialität, die die ersten drei und – mit leichten Abstrichen – auch das vierte Album zu den Szene-Donnerschlägen gemacht haben, die sie sind?

Wie schlägt sich den nun „Seal The Deal & Let’s Boogie“ im Nahkampf?

Der Einstieg mit der Vorab-Single „The Devil’s Bleeding Crown“ scheint die Befürchtungen beim ersten Anspielen zu bestätigen. Das Quintett lässt eine typische Uptempo-Nummer vom Stapel, die so oder ähnlich auch auf jedem anderen bisherigen Scheibchen hätte stehen können. Und auch die folgenden „Marie Laveau“ und „The Bliss“ sind alles, aber bei weitem keine kreativen Ausreißer, trotz dem plötzlich vorbeischauenden Banjo in „The Bliss“ – das zumindest in der mir vorliegenden Version am Ende vom Englischen ins Dänische (?!) wechselt. Nichts Neues im Staate Dänemark bis hier her also.

Das erste wirkliche kreative Ausrufezeichen setzt dann aber direkt im Anschluss „The Gates of Babylon“(nein, kein Cover des gleichnamigen Rainbow-Smashers). Da wird mit versetztem Tribal-Drumming losgelegt, bevor sich ein orientalisch angehauchtes Gitarrenlead mit Macht in die Hörmuschel drängt. Und auch wenn der Refrain wieder recht standardisiert ausfällt, macht das fetzige 80s-Revival-Solo doch einiges wett. Hoffnung keimt auf. Und bleibt auch beim folgenden „Black Rose“, bei dem sich Poulsen Gast-Röhre Danko Jones als Unterstützung mit hinter’s Mikro gezerrt hat, erst mal erhalten. Mr. Jones bringt eine ganze Kante Rotzrock mit ins Spiel, die weibliche Unterstützung im Chorus tut ihr übriges, um „Black Rose“ zwar poppig, aber auch mit einer guten Portion Drive über die Ziellinie zu drücken.

Aber dann, ja dann ist erstmal Schluss mit Feuerwerk. „Let It Burn“ rauscht erstmal komplett am Hörer vorbei, „Rebound“, kürzester Track der Platte, legt punkig los, entwickelt leichtes Country-Feeling, setzt aber auch keine akkustischen Widerhaken ins Ohr des Zuhörers. Und auch „Mary Jane Kelly“, mit fünfeinhalb Minuten Spielzeit-Spitzenreiter hat, abgesehen von einem coolen Gitarrenlead, nichts viel außergewöhnliches zu bieten.

Alles umsonst also? Nicht ganz. Im folgenden „Goodbye Forever“ werden zumindest wieder größere kreative Zuckungen spürbar, trotz getragenen Akkustikparts und recht unscheinbarer Melodieführung entwickelt der Song zum Ende hin (Stichwort: Gospelchor) doch noch echte Alleinstellungsmerkmale.

Wer jetzt immer noch zweifelt, kann sich nun entspannt zurück lehnen.

Denn ab diesem Zeitpunkt ist aber mal richtig Feuerwehr angesagt. Mit „Seal The Deal“ hauen die Herren mal eben den stärksten Song der Platte raus. Hier regiert Geschwindigkeit, wird punkig auf die Zwölf gedroschen und mit fettem Intro-Solo ordentlich Dampf gemacht. Der Fuß wippt automatisch mit, die Pommesgabel wird ausgepackt – das hier, meine Damen und Herren, ist ein kommender Live-Kracher wie er im Lehrbuch steht! Die Slide-Gitarre leitet zur Mitte ein Break ein, dass sich vor so mancher Thrash-Keule nicht verstecken braucht. Sie können es also doch noch!

Und in dieser Verfassung geht es weiter: Bei „Battleship Chains“ winken Social Distortion mit Nachdruck um die Ecke, während man den Refrain lauthals vor der heimischen Anlage mitgrölt. Bei „You Will Know“ regiert zarte Melancholie, bevor das Abschluss-Solo demonstriert, wie zur Hölle man im Heavy Metal zu solieren hat.

Und zum Abschluss wird in „The Loa’s Crossroad“ nochmal richtig der Vorschlaghammer ausgepackt, ein Basslauf zum Niederknien und dann geht er ab, der wilde Ritt auf dem Thrash-Esel, alles inklusive mächtigem Metallica-Gedächtnis-Riff – und mit Dudelsack. So muss das!

Was bleibt also festzuhalten? Nach anfänglichen Startschwierigkeiten fängt sich auch auf Album Nummer Sechs der Volbeat-Motor wieder und knattert ab der Albumhälfte mit unverminderter Taktzahl dem furiosen Finale entgegen. Klar, Abnutzungserscheinungen sind mittlerweile durchaus vorhanden, trotzdem dürfte gerade Mr. Caggiano einen ganzen Sack kreativer Energie im Proberaum verschüttet haben. Kurzum: Auch „Seal The Deal & Let’s Boogie“ hat einen Platz in jedem gut sortierten Plattenregal verdient – wenn auch vielleicht kurz hinter „Beyond Hell/Above Heaven“.


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