Anathema sind zurück. Drei Jahre nach ihrem umjubelten Distant Satellites sind die Liverpooler wieder da. Das als The Optimist betitelte Album wurde vorwiegend von Danny Cavanagh geschrieben und setzt musikalisch genau da an wo sein Vorgänger aufhörte. Gleichzeitig ist es die inhaltliche Fortsetzung eines ihrer wichtigsten Alben – A Fine Day To Exit – ohne gleich ein Konzeptalbum zu sein. Die 2001 erschienene Platte markierte wie keine andere die Zäsur von der Doom Metal Band hin zum atmosphärischen Rock.
The Optimist setzt an den Koordinaten „32.63N 117.14W“ ein. Googlet man diese wird man zu einem Strand in San Diego geleitet, der einem seltsam bekannt vor kommt. Es ist die Stelle, an der das Cover zu A Fine Day to Exit entstand. Der Protagonist – jetzt als Optimist bezeichnet, hat sicht entgegen der Vermutung nicht das Leben genommen. Meeresrauschen, ein Auto wird angelassen und plötzlich findet man sich mitten in „Leaving it Behind“ wieder. Eine stark an Distant Satellites erinnernde Drummachine leitet das Stück ein. Entgegen der letzten beiden Platten finden sich auf The Optimist kaum Songs, die sich im Crescendo aufbauen und dann in einem Tornado explodieren. Doch „Leaving it Behind“ geht in etwa in diese Richtung. Fast schon an frühere Jahre erinnernd geht das Stück richtig nach vorn. Der Protagonist macht sich auf den Weg nach Norden. Er lässt alles hinter sich und begibt sich auf eine schier endlose Reise. Die scheinbar endlosen Highways der US-Westküste laden zum Nachdenken ein. Mit „Endless Ways“, dass von der blütenzarten Stimme Lee Douglas‘ eingeleitet wird, wird dem Zuhörer erstmals bewusst, dass The Optimist ein perfekter Soundtrack für Autofahrten zu sein scheint.
Mehr als in den vorangegangenen Alben lassen die Brüder Cavanagh Raum für instrumentale Passagen. Dies wird vor allem in den Stücken „Endless Ways“, „The Optimist“ und noch mehr in „San Francisco“ deutlich. Letzeres kommt vollständig ohne Gesang aus. Und doch schaffen Anathema es dem Zuhörer zu vermitteln was der Protagonist nach seiner langen Reise in der Stadt am Golden Gate erlebt. Rastlosigkeit und Unruhe. Man spürt förmlich wie der Optimist durch das nächtliche San Francisco fährt. Die Lichter, die Hochhäuser. So wünscht man sich ein Instrumental.
Er wendet sich von der Pazifikküste ab und fährt nach Osten in die Sierra Nevada in die 1200 Seelen Stadt „Springfield“. Er fragt sich wie er dahin gekommen ist. Die zweite Hälfte des Albums ist allgemein depressiver als die Erste. Nachdenklicher. Schwerer. So wie man es von früheren Anathema Alben gewohnt ist. Ob sich alles zum guten wendet? Kleiner Tipp: Nach dem Ende von „Wildfires“ warten…es kommt noch was.
Wie ordnet man The Optimist im Gesamtwerk ein? Nach Weather Systems und dem ins TripHop bzw. Postrock abdriftende Distant Satellites ist das aktuelle Album die konsequente Fortführung des eingeschlagenen Weges. Elektrosounds flirren genauso durch den Raum wie getragene Pianoballaden. Lee Douglas bekommt mehr Raum als je zuvor – ebenso auch die instrumentalen Passagen. Dennoch ist der Titel ein gewisser Anachronismus. Optimistisch ist das Album nur am Anfang, doch wer würde im Ernst ein Anathema Album erwarten, dass nicht mit einer gewissen Portion Melancholie daher kommt?
The Optmist ist vielleicht nicht so zugänglich wie seine drei Vorgänger. Dennoch ist es eines der besten Alben der Liverpooler. Gekonnt werden musikalische Themen aufgegriffen, variiert und gesteigert – und das in Perfektion. Dies sorgt für eine ungemein dichte Atmosphäre die Emotionen zutiefst berührt. Anathema sind wieder da!