…bis auf den Knochen. Steven Wilson ist zurück. Der als Tausendsassa des Prog bezeichnete Brite veröffentlichte mit To The Bone jüngst sein fünftes Soloalbum. Sein Ziel mit jedem Album anders zu klingen, erreicht er auch hier. To The Bone ist wohl seine poppigste Platte seit Porcupine Trees In Absentia oder Stupid Dream. Wer jetzt an Justin Bieber Sounds denkt braucht keine Angst haben, Steven Wilson weiß immernoch zu rocken und nicht in die Belanglosigkeit abzudriften. To The Bone ist mit Abstand Wilsons zugänglichstes Album.
Mit dem Titeltrack öffnet das Album. Elektrische Percussioneffekte, eine Radiostimme. Nach 30 Sekunden setzt Gitarre und Harmonicasound sein. Kantig und vorpreschend erinnert „To the Bone“ im weitesten Sinne an den „Holy Drinker“. Die gewisse Rauhheit im Gesamtbild geht mit „Nowhere Now“ etwas verloren und ist einer der schwächeren Songs des Albums. Ein absoluter Höhepunkt folgt darauf. Das folgende „Pariah“ (deutsch: Ausgestoßene/r) offenbart Steven Wilsons Talent für großartiges Songwriting. Zusammen mit der überragenden Ninet Tayeb wird hier eine traumhafte Ballade abgeliefert. Einprägsame Melodiebögen und spannende Instrumentierung sorgen für ein sich ins Ohr fressendes Lied. Wer hört am Ende auch gewisse Shoegazingeinflüsse?
„The Same Asylum“ weiß mit einem wunderbaren elektro-„angemetalltem“ Instrumentalpart zu überzeugen. Auch hier wird man frappierend an die Porcupine Tree Alben Ende der Neunziger/Anfang der Zweitausender erinnert.
Ist To The Bone nun eine Progplatte oder eine Pop-Platte? Der Kollege Berger von Laut.de warf den Begriff „Progpop“ in den Ring. Dem kann man sich nur anschließen. Steven Wilson treibt das auf die Spitze. Anleihen von David Bowie, Prince, Radiohead und sogar des Discosounds der 70er sind zu finden. Wer hätte einen Song wie „Permanating“ jemals von einem Steven Wilson erwartet? In jedem Fall dürfte ihm Airplay im Radio zustehen.
Thematisch bewegt sich To The Bone im gesellschaftskritischen Bereich. Vorallem geht es um aktuelle Bezüge zu Flüchtlingen („Refuge“) und auch zum Terrorismus („Detonation“, „People Who Eat Darkness“). Aber eben auch um Randfiguren der Gesellschaft („Pariah“).
Wie bewertet man To The Bone abschließend? Ist es ein Meisterwerk? Steven Wilsons Anspruch mit jeder Platte einen anderen Weg einzuschlagen ist ohne Frage spannend. Doch manchmal hat man das Gefühl es muss auf Krampf sein. Der Vorgänger Hand.Cannot.Erase war eines der stimmigsten Alben der letzten 15 Jahre. Das Konzept in Verbindung mit der Musik sorgten für absolute Gänsehaut. Eine thematisch stringente Linie verfolgt er auf To The Bone nicht. So steht jedes Lied ein wenig für sich. Musikalisch kann man nichts kritisieren. Die Stücke sind allesamt auf ihre Art stimmig. Ohrwürmer gibt es genug – Beispiel „The Same Asylum“ oder „Pariah“. Jedoch fehlt manchmal das gewisse Etwas – gerade zum Ende der Platte. Ein Meisterwerk ist To The Bone deshalb nicht, aber eine verdammt gute Progpopplatte, die sicherlich öfter auf dem Plattenteller liegen wird.