molllust sind der Inbegriff hochwertiger und anspruchsvoller Musik. Die musische Delikatesse hat nach dem Erfolg bei den Leipziger BachSpielen 2012, den ersten Rang erhalten. In der nato präsentierten sie die neue EP „Bach con fuoco“ sowie ihr Debüt Album „Schuld“, auch mit Erfolg! Für access2music stand Janika, Initiatorin des Ensembles und eine absolute Meisterin des Pianos, in allen Fragen Rede und Antwort.
Wie seid ihr auf die BachSpiele 2012 aufmerksam geworden?
2011 machte uns ein Bekannter auf die Veranstaltung aufmerksam – allerdings so spät, dass wir es nicht mehr geschafft hätten, ein Programm dafür vorzubereiten. Daher behielten wir die Veranstaltung im Hinterkopf und gingen die Sache 2012 zeitiger an.
Wie viel Zeit wurde investiert um die Kompositionen zu erschaffen, so dass „Bach con fuoco“ präsentiert werden konnte?
Ich hatte mir einen recht engen Zeitplan gesetzt, da wir gerade aus dem Studio von der Aufnahme von „Schuld“ kamen und zur Hauptprobe im April ja schon Ergebnisse vorzeigen mussten. Daher schrieb ich die drei Gesangsstücke innerhalb von 2 Wochen um. Das Präludium folgte dann später, nach erneut etwa drei Tagen.
Unter welchem Entschluss wurde dazu die EP „Bach con fuoco“ aufgenommen?
Der Entschluss fiel, als wir bei den BachSpielen eine derartig positive Resonanz erhielten. Wir wurden mehrfach nach CD-Aufnahmen gefragt und entschlossen uns dann schließlich dazu, erneut ins Studio zu gehen.
Wie wurde die EP erschaffen?
Tommaso, Frank und ich spielten zunächst gemeinschaftlich im Studio, wobei nur die Schlagzeugspuren aufgenommen wurden. Darauf setzten wir dann die anderen Instrumente, allen voran das Klavier, damit in den klassischen Passagen ebenso eine Orientierung gegeben war. Andy setzte außerdem einen angepassten Klick. Es folgten Gitarre und Bass, dann die Streicher und zum Schluss der Gesang. Alles in allem waren wir selbst überrascht, wie schnell alles ging: Durch „Schuld“ wussten wir genau, wie wir die Sache am besten anpacken und waren bereits ein eingespieltes Team.
In gut zwei Wochen waren alle Spuren im Kasten.
Wie wird ein komplettes Stück arrangiert? Zuerst der Text oder die dazugehörigen Melodien?
Da es sich in diesem Fall ja um keine komplett neuen Stücke handelte, sind wir natürlich auch anders vorgegangen. Ich habe mir die Originalnoten vorgenommen, die Melodielinien weitestgehend erhalten und die Begleitung umgeschrieben. Außerdem teils leicht in die Struktur eingegriffen. Bei den beiden Passionsarien wurde der Originaltext übernommen, abgesehen von einigen Einschüben, in dem Fall kam der neue Text nach der Musik. Bei Ave habe ich das komplett fertige Werk dann mit einem neuen Text versehen.
Werden die Noten von dir geschrieben und jene an die Bandmitglieder verteilt?
Ja, sie haben allerdings noch Freiheiten, ihre Linien zu verbessern. Das geschieht immer am stärksten im Schlagzeug, hier ist meine Notierung eher richtungsweisend als eine komplett fertige Drumspur.
Auf welches oder auf welche Details werden viel wert gelegt?
Mir war es wichtig, die Kernaussage und den Flair der Stücke nicht zu zerstören, sondern mit Respekt vor den Werken zu komponieren. Ich habe neue Perspektiven hinzugefügt, andere emotionale Aspekte betont – aber nie versucht, dem Werk eine komplett andere Aussage überzustülpen. Eine kleine Ausnahme bildet auf textlicher Ebene das Ave – hier wichen wir vom lateinischen Gebetstext ab und suchten stattdessen nach einem kritischen Umgang mit unserer heutigen Lebensweise.
Auf was legst du mit deiner Band viel wert? Was ist dir wichtig? Bist du streng?
Das müssten wahrscheinlich eher meine Bandmitglieder sagen, wie sie mich da wahrnehmen. Auf eine gewisse Weise bin ich in jedem Fall streng – ich achte sehr auf die musikalische Qualität und wenn etwas nicht klappt, wird das natürlich geübt bzw. mache ich meine Bandmitglieder auf problematische Stellen aufmerksam, damit sie eigenständig an ihnen arbeiten. Gleichzeitig ist es mir aber auch wichtig, ihnen nicht den Raum für eigene Ideen zu nehmen und ein gutes Bandklima zu erhalten. Dazu gehören für mich ein respektvoller Umgang und kein übertriebener Ernst bei den Proben. Ich will schließlich mit meinen Bandmitgliedern gemeinsam vorankommen und gemeinsam mit ihnen Spaß an der Musik und unseren Erfolgen haben, keine Sklavenarmee halten.
Du schreibst auch aktiv Blogeinträge. Möchtest du damit weitere Menschen erreichen? Oder ist jene Aktivität einfach nur Freude am Schreiben?
Mir geht es in erster Linie darum, anderen Menschen, die sich nicht täglich mit den Zuständen in der Musikindustrie auseinandersetzen, die Musikerwelt näher zu bringen. Sie dafür zu sensibilisieren, was es etwa für den Künstler für einen Unterschied macht, wo sie seine CD kaufen oder wo sie wirklich handgemachte Musik bekommen und wo ihnen nur etwas vorgegaukelt wird. Kurz: die Menschen zu einem Verantwortungsbewussten und kritischen Umgang mit Künstlern, ihrer Musik und den Strukturen rund herum anregen. Darüber hinaus schreibe ich tatsächlich ganz gerne.
Wenn du Spaß am Schreiben hast, so würde mich die malerische Kunst interessieren. Kannst du in einem Gemälde eine Inspiration oder eine Melodie erkennen?
Ich muss gestehen ich bin ein ganz grausiger Maler und immer froh, wenn Ivo, unser Grafiker, aus meinen Skizzen erkennen kann, was ich eigentlich ungefähr für Vorstellungen habe. Das heißt aber nicht, dass mir die visuelle Ebene nicht wichtig ist, im Gegenteil. Ich habe häufig ein Bild zu einem Song im Kopf, wenn ich ihn komponiere. Und für die Bühne ist mir eine ästhetische Inszenierung sehr wichtig – ob beispielsweise das Licht an einem Abend gut ist, macht für die Wirkung der Show ziemlich viel aus.
Wie schöpfst du Kraft für deine Begeisterung?
Wenn ich Musik höre, die mich anspricht, kommt die ganz von alleine. Selbst wenn ich eigentlich erschöpft zu einer Probe komme, werden bei mir wieder alle Lebensgeister wach, sobald wir die ersten Töne spielen. Ich muss mir ab und an bewusste Ruhepausen gönnen, um wieder Kraft zu tanken, wenn ich merke, dass ich ausgelaugt bin. Doch dann geht es mit voller Kraft weiter. Neben der Musik sind es auch die kleinen Erfolge, die mich motivieren – ein gutes Review, ein begeisterter Fan, eine Zusage für ein tolles Konzert. Das Gefühl, dass sich etwas bewegt. Und ich will einfach wissen, wie weit ich das alles noch treiben kann, vorher habe ich keine Ruhe.
Wovor hast du Angst?
Irgendwann festzustellen, dass ich mich verrannt habe und nicht mehr weiterkomme. Und derart spezielle Musik zu machen, dass ich nie finanziell damit auf einen grünen Zweig komme. Ich muss nicht hochgradig verschwenderisch leben, aber ich will am Ende des Monats wissen, wovon ich meine Miete bezahlen kann, ohne mich irgendwie mit anderen Jobs durch zuschlagen Die Horrorvorstellung ist, molllust aufgeben oder auf extrem kleiner Flamme fahren zu müssen, weil ich es finanziell einfach anders nicht mehr länger verantworten kann.
Die Liebe zur Musik, die wir machen, die gemeinsamen Ziele und ein äußerst angenehmes Bandklima.
Wie stehen die Zeichen im Jahre 2013 für molllust?
Es geht weiter voran. Wir werden unsere ersten Festivalkonzerte spielen und haben frisch mit „Bach con fuoco“ unseren ersten Release von Klassikadaptionen hinter uns gebracht. Außerdem wird es als direkte Folge daraus bald auch endlich annehmbares Live-Videomaterial geben. Was uns hoffentlich wiederum dabei helfen wird, unsere Live-Tätigkeit weiter auszubauen und zu intensivieren. Auch hinter den Kulissen professionalisieren wir uns immer weiter – ich schule mich gerade zu dem rechtlichen, steuerlichen und buchhalterischen Drumherum, so dass molllust auch bei diesen weniger spannenden, aber notwendigen Themen auf festen Füßen steht.
Zu guter Letzt, zwei Fragen eines Fans:
Wenn ein Bandmitglied abstürzt, gleich wie (selbst im guten Hause kann dies geschehen), würdet ihr helfen, behalten und kämpfen oder aus der Band schmeißen?
Das ist schwer pauschal zu beantworten. Zunächst würden wir natürlich erst einmal versuchen herauszufinden, was die Ursache für den Absturz ist und ihm unsere Hilfe anbieten. Alles Weitere ist sehr individuell. Ich fühle mich für drei Parteien in diesem Fall verantwortlich: einmal für das angeschlagene Bandmitglied, dann aber auch genauso für alle anderen Bandmitglieder und schließlich gegenüber den Veranstaltern und Fans, die natürlich eine funktionierende Band auf der Bühne erwarten. Hier gilt es genau abzuwägen, was der beste Weg im Einzelfall ist. Kriegt man denjenigen schnell wieder fit, ist dieser überhaupt bereit, an seinem Problem zu arbeiten? Macht es Sinn, z. B. für einzelne Konzerte einen Ersatzmann zu engagieren oder lässt es sich nicht vermeiden, sich dauerhaft zu trennen? Und selbst wenn Letzteres der Fall ist, heißt das ja nicht gleich, dass man den Kontakt zueinander abbricht. Man kann schließlich auch ohne die Band als verbindendes Element zusammen stehen und demjenigen helfen. Wir lassen mit Sicherheit niemanden beim ersten Anzeichen einer Schwierigkeit gleich fallen, andererseits würde ich es aber auch nicht zulassen, dass die Probleme eines Einzelnen die gesamte Band in Schwierigkeiten bringen. Das ist also wirklich eine Einzelfallentscheidung, die auch mit Sicherheit nie über Nacht getroffen wird.
Fahrt ihr gemeinsam oder einzeln auf Konzerte? Einige Bands handhaben es, dass sie einzeln fahren um die Nerven der Anderen zu schonen.
Wir puzzeln uns so, dass wir möglichst spritsparend von A nach B kommen. Bisher haben wir die gemeinsamen Fahrten aber immer genossen, viel herumgescherzt und sind uns nicht auf die Nerven gegangen. Bis auf eine Übernachtung, als drei Bandmitglieder sich mit Ohrstöpseln in einem engen Flur zusammenkuschelten, weil ein Schnarcher sie nicht zur Ruhe kommen ließ und sie es nicht mit ihm in einem Raum aushielten. Aber auch das übersteht man irgendwie…
Falls du noch etwas anmerken möchtest, dann kannst du es hiermit tun:
Vielen Dank für das Interview! Ich wünsche allen Lesern, dass sie genauso viel Freude an unserer neuen CD haben wie wir!
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