Unser Kollege Felix Untersteiner war in der vergangenen Woche beim Tourauftakt von David Gilmour im kroatischen Pula live dabei. Lest hier seine Eindrücke:
Wir schreiben den 12.09.2015, um Punkt 20:30 Uhr erklingen in der Arena von Pula die ersten Töne von David Gilmour seit 9 Jahren. „5AM“ ein wunderschönes zartes Instrumental, dass sich homogen in die Traumhafte Kulisse schmiegt. Das Lied selbst ist nicht sonderlich komplex aber hier kommt sein Talent zum tragen, mit wenigen Noten viel auszusagen. Der Track geht direkt in die bereits vor einigen Wochen veröffentlichte Single „Rattle that Lock“ über. Gilmour hat sich die Inspiration zu diesem Lied, am Bahnhof in Frankreich geholt. Beim Einfahren der Züge erklingen immer 4 Noten, die David Gilmour nicht mehr aus den Kopf gingen, bis er sie schließlich mit seinem IPhone aufgenommen hat, um im Studio einen Song darauf aufzubauen. Live glänzt der Song durch ein tolles Solo mit seiner Telecaster, ganz im Stil von Fat Old Sun.
„Faces of Stone“ erklingt, ein weiterer neuer Track, er handelt von Gilmours Mutter die an Demenz erkrankt war, und kurz vor der Geburt seines letzten Kindes starb. Ein wunderschönes Lied, das in gewisser Hinsicht an Leonard Cohen erinnert, aber spätestens ab dem ersten brachial beißendem Solo ist jedem in Pula klar, dass es sich um den Pink Floyd Gitarristen handelt.
Erstaunlich war das er „Wish You Were here“ schon zu Beginn des Konzertes gespielt hat. Dies hat der Stimmung aber keinen Abbruch getan, seine Stimme war kaum zu vernehmen, so laut hat das Publikum mitgesungen. Nach diesem ersten Klassiker ist „A Boat Lies Waiting“ an der Reihe. David Gilmour hat bei der Arbeit an Rattle That Lock eine alte Aufnahme gefunden die er vor 18 Jahren aufgenommen hat, und fand gefallen daran, wusste aber nicht worüber der Song handeln sollte. Polly Samson hatte den Einfall, dass der Grundtenor des Songs, perfekt zu Richard Wright passen würde, der 2007 seinem Krebsleiden erlegen ist. Der Song ist eine wundervolle Homage an Richard. Auf der Studio Fassung durch David Crosby und Graham Nash bereichert. Der Song faded direkt in „The Blue“ einen Track von dem letzten Soloalbum On an Island welcher ebenfalls vom Meer handelt, und somit sehr gut passt. Leider hatte David technische Probleme, und hat das normalerweise Traumhafte Solo dementsprechend in den Sand gesetzt.
Einige Pink Floyd Klassiker später (Money, Us and Them, High Hopes) erklingt die Hymne des neuen Albums. „In any Tongue“, untermalt von einem tollen Animationsvideos bezieht hier Gilmour kritisch Stellung zum momentanen geschehen in der Welt. Das Lied erinnert in gewisser Hinsicht an „Comfortably Numb“, und hat jetzt schon das Zeug zum Klassiker. Der Definitive Höhepunkt des Albums und der 1. Hälfte des Konzertes.
Nach einer kurzen Unterbrechung startet die 2. Hälfte mit einigen Pink Floyd Klassikern wie zb. Astronomy Domine, Shine On You Crazy Diamond und Fat Old Sun. Wunderbar gespielt. David Gilmours Stimme ist zwar altersbedingt nicht mehr ganz so frisch wie in vergangenen Tagen, aber dass ist natürlich zu verzeihen. Aber sein Gitarren Sound ist zeitlos, er spielt seine Soli Songübergreifend sogar härter denn je, man ist fast versucht sie mit den Konzerten von 1977 zu vergleichen.
„The Girl with the Yellow Dress“ ist der nächste und vielleicht befremdendste Track des neuen Albums. Ein Jazzlastiger Song der Live nicht zu überzeugen weiß, da er keinen Spannungsbogen oder wirklichen Höhepunkt aufweisen kann. Die Publikumsreaktion war dementsprechend verhalten. „Today“ die 2. Single des Albums ist da schon ein anderes Kaliber, vorallem Live Rockt der Song richtig, und erinnert etwas seine Arbeit zwischen 1977 und 1984. Mit einem wunderbaren Solo am Ende, der Ton der Gitarre wie gewohnt auf den Punkt, kristallklar, durch die luft schneidend, bringt er einen Vorgeschmack auf die letzten Lieder des Konzertes. Die Überraschungen des Abends waren aber definitiv das brachiale Sorrow, und „Run Like Hell“. Nicht nur die ganze Arena bebte aufgrund des Basses, auch das Publikum konnte nicht mehr in den Sitzplätzen gehalten werden. Die Lichteffekte bei dem The Wall Stück waren so enorm, dass die ganze Band Sonnenbrillen aufsetzte.
David Gilmour scheint nicht nur mit seinem neuen Album teils neue Wege zu beschreiten, denn das neue Album wurde nicht wie gewohnt in der 1. Hälfte komplett druchgespielt, sondern eine Handvoll neuer Songs wurden zwischen den Pink Floyd Klassikern gespielt, und sogar 2 Lieder von On An Island schafften es in die Setlist, nämlich der Titeltrack und The Blue.
Als Zugabe spielte der Altmeister natürlich seine Hymne, „Comfortably Numb“. Mit einem wie von Ihm gewohnt Traumhaften Solo, und einem Gitarrensound wie nur er ihn zu erzeugen vermag. Oft kopiert aber nie erreicht. Das Publikum war begeistert, und feierte David Gilmour. Die neuen Songs fügen sich mit einer Ausnahme perfekt in seine Pink Floyd Songs ein. Ein wahrlich unvergesslicher Abend.