Zwei Tage ist es nun her, dass die Nachricht, die die Hardrock-Szene erschütterte über alle Kanäle ging. Zwei Tage, in denen der härtere Musikzirkus kurz still stand. Wenn der 3. Feburar 1959 der Tag war, an dem die Musik starb, dann ist der 28. Dezember 2015 der Tag, an dem der Rock N Roll seinen letzten großen Protagonisten verlor. Born to lose, live to win
Mit Lemmy geht nicht nur irgendein Musiker, mit Lemmy geht vermutlich sogar das letzte, vielbeschrieene „Original“, das die Hard-Rock/Metal-Szene noch hatte. Sicherlich, auch nach seinem Tod sind noch mehr als genug fähige und ‚ehrliche‘ Musiker unterwegs, und nach wie vor wird es immer wieder besondere Persönlichkeiten in der Szene geben. Aber Lemmy war eben mehr als nur ein Original. Er war DAS Original. Nie verbogen, nie nach Trends geschielt, nie angebiedert, nie von seiner Meinung (ob man die nun teilte oder nicht) abgewichen, sondern immer stur und unbeirrbar seinen Weg gegangen. Dabei, wie in vielen, vielen Interviews nachzulesen, immer brutal offen und ehrlich – vor allem aber immer bis zum Anschlag authentisch. If you like to gamble, I tell you I’m your man
Mit Lemmy gehen nun auch Motörhead, das haben die restlichen Bandmitglieder bereits bestätigt. Und damit geht eine ganz, ganz besondere Band. Denn Motörhead waren vielleicht nicht musikalisch sonderlich anspruchsvoll oder technische Vorreiter. Aber Motörhead haben, vermutlich noch mehr als die allermeisten anderen Bands, unzählige junge Musiker beeinflusst und dazu animiert, die Mucke zu machen, die ihnen in den Fingern gejuckt hat – unabhängig davon, was andere davon denken mochten. Beispiel gefällig? Ein gewisser Lars Ulrich zählt mit Sicherheit zu den wohl größten Motörhead-Fanatikern ever…und trommelt bekanntlich bei der größten Metal-Band unserer Zeit. Dass Metallica es sich damals nicht nehmen ließen, als Lemmy verkleidet zu dessen 50em Geburtstag aufzutreten – nur die logische Konsequenz. The only way to feel the noise is when it’s good and loud
Motörhead haben auch nie, was leider viele Nachrufe nach wie vor falsch wiedergeben, Heavy Metal gespielt. Motörhead spielten, wie Lemmy es immer zu sagen pflegte: Rock N Roll. Verdammt lauten, verdammt harten, verdammt schnellen Rock N Roll zwar. Aber im Grunde immer noch das, was damals Chuck Berry und Konsorten gespielt haben.
Und noch etwas, das es so wohl nicht mehr geben wird: Motörhead waren wohl die prototypische Konsens-Band. Wer einmal auf einem Konzert von ihnen war, kann das bestätigen. Da standen Punks neben Heavy-Metal-Fans, linke Skins neben Rockabillys, Gelegenheits-Hörer neben beinharten Fanatics. Und alle, wirklich alle, drehten nach der klassischen „We are Motörhead – and we play Rock N Roll“-Ansage kollektiv am Rad. Einfach nur, weil die Musik von Motörhead das konnte, was meiner Meinung nach nur Rockmusik zustande bringt: Die Menschen verbinden, sie für knapp neunzig Minuten jegliche Unterschiede vergessen lassen und gemeinsam im Lärm aufgehen (und es war jedes Mal infernalisch laut). Wenn dann die letzten Töne von „Overkill“ verklungen waren, das letzte Bierchen gekippt und die letzte Fluppe geraucht war, wurde abgeklatscht und es ging wieder hinaus in die normale Welt – allerdings mit einem verdammt breiten Grinsen im Gesicht und dem Gefühl, dass das Leben gerade ein klein wenig besser geworden ist. Don’t forget us
Motörhead und synonym dazu Lemmy waren eine Band, die es so nie gab und auch nie wieder geben wird. Konsequent bis zum Anschlag, dreckig, rauh, laut aber immer mit dem Herz am rechten Fleck. Und deswegen wird Lemmy der Szene fehlen. Und zwar mehr als alle anderen!
Ich hoffe, Mr Kilmister lässt auch in der nächsten Welt das Musizieren nicht sein. Schnappt sich John Lord für die Keyboards, Randy Rhoads und Dimebag Darrel für die Klampfen, packt The Rev hinter die Schießbude und Dio ans Mikro – und rockt die gottverdammte Scheiße aus seiner Wolke! Lassen Sie es ordentlich krachen, Mr. Kilmister!!
Ich halte mich an den traditonell letzten Satz jeder Motörhead-Show: „We were Motörhead – don’t forget us!“ Mache ich nicht, versprochen. Und drehe jetzt ganz, ganz laut auf…
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