Kaum haben wir uns begrüßt, erzählt Nick stolz, dass wir heute Deutsch sprechen könnten. Für The Voice of Germany lernte der Brite innerhalb eines Monats unsere Sprache und erstaunte damit selbst Stefan Raab. Unser Gespräch führen wir in einwandfreiem „Nicklisch“, einem Kauderwelsch aus Deutsch und Englisch.
Als wir uns 2010 unterhielten, warst du Casting Shows gegenüber eher skeptisch. Woher kam der Sinneswandel? „Casting Shows sind eine Möglichkeit ein größeres Publikum zu erreichen. Du weißt, dass ich vor TVOG bereits viel in Deutschland gespielt habe und ich suchte eine größere Plattform. Und The Voice war die perfekte Chance. Ich dachte ich könnte in ein oder zwei Shows auftreten, aber dann hatte ich nach der Blind Audition plötzlich doppelt so viele Facebook Freunde. Ich dachte nicht, dass ich die Show gewinnen würde.“
Wieso bist du zu The Voice of Germany gegangen und nicht zur britischen Version? „Hier habe ich die meisten Fans und ich habe eine super Verbindung zu ihnen. Sie waren die ersten, die meine Musik so sehr unterstützten. Die Show sollte eigentlich nur eine Möglichkeit sein, meine Musik einem größeren Publikum zu präsentieren und plötzlich ist das Ganze viel größer geworden, als ich erwartet hätte.“
Ich bin während des Finales vor lauter Aufregung fast gestorben. Wie hast Du die Spannung ausgehalten? „Ich habe es nie als Wettbewerb gesehen. Musik dreht sich nicht darum mit anderen Musikern zu konkurrieren. Ich habe mich jede Woche nur auf diese eine Show konzentriert und habe mir gesagt, das ist deine letzte Show. Vielleicht war das einer der Gründe, warum ich gewonnen habe, weil ich es nicht als Wettbewerb gesehen habe. Ich war so dankbar dafür dabei sein zu dürfen. Als Independent Musiker habe ich die Chance geschätzt vor so vielen Menschen aufzutreten. Es ist schon cool, dass einem jede Woche 5 Millionen Menschen zuschauen. Zumindest solange man es nicht verhaut.“
Wie haben deine Familie und Freunde reagiert, als sie von deinem Plan hörten? „Sie haben The Voice in den USA und Großbritannien geliebt und sie wissen wie schwer es ist neue Fans zu bekommen. Sie haben mich immer unterstützt und sie haben sich darüber gefreut, dass ich so eine Chance bekomme. Meine Eltern waren bei jeder Show in Berlin dabei. Meine Familie und Freunde haben mich immer sehr unterstützt.“
Rea Garvey sagte einmal, dass er mehr von Dir gelernt hat, als umgekehrt. „Oh, das ist sehr nett von ihm. Ich habe sehr viel von ihm gelernt, er war ein super Coach. Es war toll nach der Show mit ihm auf seiner Tour zu spielen. Er hat mir auch etwas Deutsch beigebracht und als Coach war er meine erste Wahl. Es war ein Traum, dass sich alle vier Stühle umdrehten, aber als Singer/Songwriter war Rea einfach die natürlichste Wahl.“
Konntest Du selbst entscheiden, welche Songs du spielst? „Ja, das war eine ziemlich offene Geschichte. Im Verlauf der Staffel wurde es einfacher. Bei so vielen Teilnehmern während der Blind Auditions konnte nicht jeder den Song singen, den er wollte. Wenn ich jetzt zurückdenke, würde ich keinen Song ändern, auch wenn viele davon nicht meine eigene Wahl waren. Ich glaube „Yellow“ war meine Idee, „I won’t give up“, „We Are Young“ und „Home Again“ wurden mir vorgeschlagen. „We Are Young“ hätte ich mir zum Beispiel niemals selbst ausgesucht, aber letztlich war es eine tolle Idee. Ein weiterer Grund zu The Voice zu gehen war, dass man im Halbfinale seinen eigenen Song singen durfte. Ich wollte unbedingt bis zu diesem Punkt kommen.“
Hat man dich anders behandelt, als du plötzlich im Fernsehen zu sehen warst? „Ich hatte viel Glück und habe eine gute Resonanz bekommen. Es sind mehr Leute auf mich zugekommen und plötzlich haben sich mir mehr Möglichkeiten eröffnet, wie zum Beispiel heute in einem Einkaufscenter in Leipzig aufzutreten.“
Zwischen dem Finale und der Veröffentlichung von „Stay Who You Are“ hattest du nur ein paar Wochen. Ist es schwieriger ein Album in so kurzer Zeit aufzunehmen? „Ich hatte keinen einzigen freien Tag. Wir haben die Voice of Germany Tour gemacht und dann bin ich Anfang Januar nach London gereist um das Album aufzunehmen. Ehrlich gesagt ist es in so kurzer Zeit besser, denn je mehr Zeit man hat, umso mehr fängt man an Dinge anzuzweifeln. Man muss es einfach durchziehen. Versteh‘ mich nicht falsch, es war echt verrückt. Wir waren bis zu 18 Stunden im Studio. Ich hatte Glück, dass ich die meisten Songs bereits vor TVOG geschrieben hatte, andernfalls hätte man mir einfach irgendwas vorgegeben. Das wäre echt schade gewesen für einen Singer/Songwriter. Ich weiß nicht, ob es besser geworden wäre, wenn wir mehr Zeit gehabt hätten.“
Das Album hätte nicht besser sein können. Ehrlich gesagt, halte ich es für dein bestes Album bis jetzt. „Es war das erste Mal, dass ich in London aufgenommen habe. Meine letzten EP’s und Alben habe ich immer in den USA aufgenommen. Ich glaube es hat einen etwas cooleren Vibe. Wenn man sich weiterentwickelt, quasi erwachsener wird, verändert sich auch das Songwriting. Ich höre mir dieses Album gern an, obwohl ich sonst ungern meine eigenen Sachen anhöre. Ich denke das ist ein gutes Zeichen.“
Durch die Show hattest Du sicherlich auch ein anderes Budget für dieses Album zur Verfügung. Verändert sich dadurch der Schreibprozess? „Nein, ganz und gar nicht. Den Prozess des Songwritings sollte man niemals verändern! Ich schreibe nach wie vor über die gleichen Dinge. Bei meinen letzten Alben hatte ich tolle Produzenten und Musiker. Eigentlich war „Stay Who You Are“ das harmonischste Album, trotz dass es bei Universal erschienen ist. Es sind einfache Aufnahmen, ohne technische Spielereien.“ Du hast Dich für „Stay Who You Are“ als Titel für das Album entschieden. War es auch eine Erinnerung an dich selbst um nicht abzuheben? „Es ist mehr eine Message für andere Leute. „Stay Who You Are“, also „Bleib wie du bist“ war schon immer mein Lebensmotto. Ich denke ich habe immer zuviel gearbeitet um abzuheben und plötzlich zu denken ‚Yeah, ich bin ein rockstar!‘“. Mir war bewußt, dass am Tag nach dem Finale die harte Arbeit beginnt.“Hattest du einen Plan B, falls es mit der Musik nicht geklappt hätte? „Ich habe es so gemacht, wie ich es für richtig hielt. Ich habe nicht mit 16 die Schule geschmissen und gesagt, ich werde Musiker. Nein, ich studierte Informatik an der Uni und hatte einen Job, während ich an meiner Musikkariere arbeitete. Ich brauchte keinen Plan B, weil ich meinen Plan B zuerst durchzog. Ich wollte immer Musiker werden und ich denke, wenn man so ein Ziel hat, kann man nicht sagen, wenn das nicht klappt, mache ich das und das. Das wäre die falsche Einstellung. Dass ich Informatik studiert habe, war ganz praktisch. Ich habe meine eigene Website gebaut und designed. Als Independent Musiker ist sowas ganz nützlich.“
Welcher ist dein Lieblingssong auf dem Album? „Ich mag den Song „Home“ sehr gern. Ich habe ihn innerhalb von 30 Minuten im Studio geschrieben. Manchmal fließen Songs einfach so aus dir heraus, dies ist so einer. Es war auch toll, dass ich den Song „You Are Love“ mit Boyce Avenue aufnehmen durfte. Sie waren die erste Band, mit der ich hier in Deutschland auf Tour gehen durfte. „Unbreakable“ wird immer ein besonderer Song für mich bleiben, weil er mich an die Show erinnert.“
Wo wir gerade von „Home“ sprechen, wo fühlst du dich zuhause, wo du häufig zwischen Deutschland, England und den USA pendelst. „Ich wohne momentan in Berlin, aber ich sage immer, dass die Bühne mein zuhause ist, dort fühle ich mich am wohlsten. Ich liebe es Musik zu machen und wo immer ich das tun kann, fühle ich mich zuhause. In Deutschland fühle ich mich auch mittlerweile wie zuhause, man hat mich hier sehr gut aufgenommen.“
Heute beginnt Nick Howard’s große „Stay Who You Are“ Tour in Hamburg. Tickets gibt es noch an den Abendkassen und den bekannten Vorverkaufsstellen.
Schlagwörter: Boyce Avenue, Lifehouse, Nick Howard, Rea Garvey