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Nightwish – Endless Forms Most Beautiful

Rezensionen / April 20, 2015
Nightwish

Der Release eines neuen Nighwish-Albums ist mittlerweile zu einem Großereignis geworden, das weit über die Grenzen der Metal-Szene hinaus Wellen schlägt. Wenn sich Finnlands erfolgreichste Metal-Band ins Studio zurückzieht, schaut ein Großteil der Musikszene gebannt auf das Endergebnis. Im Vorfeld der Veröffentlichung von „Endless Forms Most Beautiful“ drehte sich zudem noch das Besetzungskarussell in Überschallgeschwindigkeit. Bereits im Oktober 2012 verließ Sängerin Annette Olzon, die für zwei Alben das schwere Erbe von Tarja Turunen angetreten hatte, die Band – und ließ damit die Spekulationen über ihre Nachfolgerin hochkochen. Recht schnell wurde mit Ex-After Forever-Sängerin Floor Jansen ein Ersatz für die anstehenden Konzerte gefunden, bevor die Niederländerin dann 2013 offiziell als neue Frontfrau präsentiert wurde. Ebenfalls 2013 wurde Live-Musiker Troy Donockley als festes Bandmitglied aufgenommen und bald darauf zog sich die Band ins Studio zurück, um am Nachfolger zum 2011er „Imaginaereum“ zu arbeiten. Die nächste Hiobsbotschaft ließ allerdings nicht lange auf sich warten: Noch vor den Album-Sessions 2014 verkündete Drummer Jukka Nevalainen seinen zeitweiligen Ausstieg. Auf Grund von anhaltender Schlaflosigkeit sah er sich nicht mehr in der Lage, seinen Studio- und Live-Verpflichtungen mit der nötigen Sorgfalt nachzukommen. Ersatz für die Aufnahmen und folgende Live-Aktivitäten fand sich in Form von Kai Hahto (u.a. Swallow The Sun, Wintersun).

Gute vier Jahre nach „Imaginaereum“ liegt nun also Studioalbum Nummer acht vor und die Frage ist natürlich: Folgt der kreative Einbruch, oder bringen die Wechsel frischen Wind ins Bandgefüge? Schon mit den ersten Tönen des Openers „Shutter Before The Beautiful“ kann Entwarnung gegeben werden. Nach einem kurzen gesprochenen Intro erwartet den Hörer ein mittlerweile typischer Nightwish-Song. Ausufernde Orchestrierung, ein knackiges Gitarren-Riff, treibende Drums, dazu Floor Jansens ausdrucksstarker Gesang: Hier sitzt alles dort, wo es sitzen muss. Ein gelungenes Solo-Duell zwischen Gitarrero Emppu Vuorinen und Mastermind Tuomas Holopainen an den Keyboards setzt dem Ganzen die Krone auf. Und auch im folgenden „Weak Fantasy“ lassen die Finnen nichts anbrennen. Etwas düsterer als der Opener, mit gesanglicher Unterstützung von Basser Marco Hietala rollt ein echter Brecher über den Hörer weg. So muss das! Die Single-Auskopplung „Élan“ geht ebenfalls in Ordnung, ist zwar etwas poppiger gehalten, überzeugt aber mit einer schönen Folkmelodie, die den Song vorantreibt und den Fuß zum mitwippen bringt und dem Album ordentlich Abwechslung verleiht. In eine ähnliche Kerbe schlägt auch „My Walden“, dass vom folkigen Aufbau her ein wenig an „I Want My Tears Back“ vom Vorgänger erinnert.

Überhaupt wird Abwechslung auf „Endless Forms Most Beautiful“ groß geschrieben. Neben Nightwish-typischen Bombast-Nummern finden sich auch düster-bedrohliche Riff-Brecher wie „“Yours Is An Empty Hope“, das vom Riffing her an „Romanticide“ oder „Planet Hell“ auf „Once“ erinnern und sich mit der Orchestrierung und unterschwelligem Growling im Chorus wunderbar zu einem leicht makabren Gesamtwerk ergänzt. Genau gegenüber platziert sich mit „Edemah Ruh“ der poppigste Song des Albums, der mit straightem Beat und getragenem Refrain an frühere Single-Auskopplungen wie „Amaranth“ oder „Nemo“ erinnert, während sich das Stück in den Strophen angenehm reduziert und mit leichter 80er-Kante präsentiert. Mit „The Eyes of Sharbat Gula“ hat es auch wieder ein Instrumental aufs Album geschafft, dass im Gegensatz zu Vorgängern wie „Last Of The Wilds“ von „Dark Passion Play“ aber deutlich reduzierter und bedeutend düsterer daherkommt – damit aber auch einen angenehmen Ruhepunkt im Albumkontext bildet. Und mit dem Longtrack „The Greatest Show On Earth“ ziehen Nightwish zum Ende nochmal alle Register – bombastische Orchestrierung, fettes Riffing, getragene und peitschende Passagen im Wechsel. Der Rausschmeisser von „Endless Forms Most Beautiful“ präsentiert nochmal feinstes Ohrenkino und ist die definitive Bestandsaufnahme des Nightwish-Sounds im Jahre 2015.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass Nightwish mit „Endless Forms Most Beautiful“ endgültig ihren eigenen Stil gefunden haben, der nur noch durch ein paar kleine Drehungen an den einzelnen musikalischen Stellschrauben verfeinert wird. Das bedeutet aber keinesfalls kreativen Stillstand, im Gegenteil, der Sound der Band ist mittlerweile so breit gefächert, dass genug Raum für Abwechslung innerhalb der eigenen Grenzen gegeben ist. Zudem hat die Truppe um Mainman Holopainen mit Floor Jansen einen echten Glücksgriff gemacht. Die Dame kann sich im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin in Tarja-ähnliche Regionen wagen (womit die Setlist der kommenden Tour vielleicht auch wieder auf Songs der ersten drei Alben zurückgreifen kann, die mit Olzon am Mikro eher stiefmütterlich behandelt wurden). Aber auch poppigere Sounds sind mit Jansen möglich – und obendrauf besitzt ihre Stimme in den richtigen Momenten eine ganz eigene, wunderbar raue Rock-Kante, mit denen sie den Songs ihren ganz eigenen Stempel aufdrückt. Rein gesanglich betrachtet können Nightwish auf „Endless Forms Most Beautiful“ also die bisher größte Bandbreite der Bandgeschichte präsentieren und ihren ureigenen Sound so nochmal ein ganzes Stück voranbringen.

Sicherlich hat jeder Nightwish-Fan seinen eigenen Favoriten in der Discographie der Finnen, gerade auch im Hinblick auf die jeweilige Sängerin. Ganz nüchtern betrachtet muss man aber festhalten, dass mit „Endless Forms Most Beautiful“ eine Platte vorgelegt wird, die dem ‚definitiven‘ Nightwish-Album schon bedrohlich nahe kommt – und deren Kauf sich für jeden Fan und interessierten Hörer ohne Zweifel lohnt! Anspieltipps: Weak Fantasy Élan Endless Forms Most Beautiful The Greatest Show On Earth Nightwish kommen im Winter zusammen mit Amorphis und Arch Enemy auf Deutschland-Tour. Das fette Package lässt sich an folgenden Terminen live erleben: 18.11. 2015 – Hamburg, O2 World 21.11. 2015 – Oberhausen, König-Pilsener-Arena 01.12.2015- München, Zenith 03.12.2015 – Stuttgart, Hanns-Martin-Schleyer-Halle 04.12.2015 – Frankfurt, Jahrhunderthalle 05.12.2015 – Nürnberg, Arena 14.12.2015 – Leipzig, Arena 15.12.2015 – Berlin, Max-Schmeling-Halle Die Single-Auskopplung „Élan“ im Video:
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