Bisher kannte ich sie nur als Schauspielerin und Sängerin, dazu ist sie auch noch Autorin („Rosenjahre“). Ein wahres Allroundtalent, die sich im Jazz sehr wohl fühlt. „Das ist eine ernsthafte Liebesbeziehung!“, sagte sie. Im Jahre 2012 wurde Jasmin Tabatabai beim „Echo Jazz“ als „beste nationale Sängerin“ ausgezeichnet. Nach diesem Album könnte eine weitere Auszeichnung nicht weit sein.
„Was sagt man zu Menschen, wenn man traurig ist“ ist ihr neuestes Werk und eine perfekte Grundlage höchst differenzierter Vortragskunst. Die Vortragskünstlerin sah ich per Zufall auf einem der dritten Sender, die DAS Lied live präsentierte, mit welchem sie bekannt und berühmt wurde. Mit DEM Stück aus dem Film „Bandits“, nur neuer und in ihr geliebtes Jazz-Gewand umgesetzt: „Catch Me“! Ja, genau und ab geht’s (nun solltet ihr den Text bestimmt wieder im Ohr haben): „Baby, don’t forget to catch me /Don’t forget to catch me / Don’t forget to catch me /Hold on princess don’t you think that it’s time / On this platform with the drizzle in my eye [..]” Was für ein wunderbares Stück!
Ein Stück, welches Gänsehautgefühl auslöste, wie kaum ein anders aus diesem Jahre. Und im neuen Glanz interpretierte sie es im Jahre 2016, fraulich und angepasst. Da sollten sich einige Sängerinnen ein Scheibchen davon abschneiden und sich ebenfalls der Zeit anpassen, denn alles Weitere wäre lächerlich. Jasmin Tabatabai weiß, was sie will und sie kann es auch! Selbst kann die Mutter ihr Leben und ihre Berufe unter einen Hut bringen. Der Chanson von Reinhard Mey passte dementsprechend wunderbar zu ihr, als ob dieses Lied nur für sie geschrieben worden wäre. Der Familiensong „Aller guten Dinge sind drei“ entstand 1988. „Dieses Lied ist so unglaublich wahr“, lacht die dreifache Mutter, „sogar meine eigenen Kinder sagen: Hä, woher kennt der uns?“
Die Stücke auf „Was sagt man zu den Menschen, wenn man traurig ist“ legen von dieser lyrischen Instinktsicherheit ein beredtes Zeugnis ab. Sei es die zarte Zerbrechlichkeit, mit der Tabatabai den auf einem Text von Ulrich Plenzdorf basierenden, von Peter Gotthardt komponierten Puhdys-Klassiker „Wenn ein Mensch lebt“ aus dem DDR-Kultfilm „Die Legende von Paul und Paula“ interpretiert, sei es in der müden, seelenwehen Laszivität, mit der sie Kurt Tucholskys „Anna Luise“ aus der „Gripsholm“-Verfilmung wiederbegegnet.
Und auch „Youkali“, Kurt Weills 1934 im französischen Exil verfasstes Stück über ein utopisches Land, in dem sich jeder geachtet, geliebt und frei fühlen darf, bekommt angesichts der Flüchtlingsströme auf dem europäischen Kontinent eine aktuelle Dimension. „Ich kann es nachvollziehen, dass man in ein anderes Land geht, weil man Freiheit und Menschenrechte möchte“, erklärt die in Teheran geborene Deutsch-Iranerin Tabatabai, die 1979 mit ihrer Familie aus dem Iran auswanderte, „genau das haben damals meine Eltern getan, damit ihre Kinder in Freiheit aufwachsen können. Alles das, was ich heute bin – Sängerin, Schauspielerin – wäre für mich nicht möglich gewesen, wenn wir im Iran geblieben wären.“
Fazit: „Was sagt man zu Menschen, wenn man traurig ist“ ist ein Segen. Vor allem für den Jazz!
(Man sagt nichts, damit man lächeln kann)
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