Leipzig braucht bunte, besondere Events vornehmlich an ebenso besonderen Schauplätzen. Da erweist sich das Gewandhaus mit seiner beeindruckenden Beleuchtung jedes Jahr als Glücksgriff. Viele, vor allem jüngere, kramen tiefer in ihren Kleiderschränken, um noch ein schickes Teil vom Abschlussball zu finden und es stolz auszutragen, um erwürdiger Musik, wie die Igor Strawinskys, welche eine Stunde lang im Großen Saal vom Gewandhausorchester dargeboten wird, gerecht zu werden. Hauptsächlich sie füllen die Reihen. So weiß aber nicht jeder eine Stunde lang etwas mit klassischer Musik anzufangen und sucht zwischendrin oft den Weg zur Toilette oder versucht übermäßige Begeisterung mit zu frühem Klatschen kundzugeben. Zumal viele dann doch wegen des verlockendem Pop- und Elektro-Line Ups gekommen sind, welches bereits kurz vor Ende vielversprechende Bässe durch die ab und zu geöffneten Türen vibrieren lässt.
Diese haben ihren Ursprung auf den gleich drei Floors, die man ab 23 Uhr im Gewandhaus findet: auf der Live-Stage im Mendelssohn Saal sorgt Peter Meier für den passenden Übergang, Bené lässt das Foyer des Mendelssohn Saals mit einer Mischung aus House, Techno und Elektro vibrieren und eine viertel Stunde später begrüßen auch Brandt Brauer Frick im Hauptfoyer die letzten Neuankömmlinge mit ihrer Kombination von Klassik und Techno. Im Anschluss daran gestaltet sich der Abend hauptsächlich elektronisch. David Jonathan bilden eine Ausnahme. Mit einem Glitzertuch behangen und einer euphorischen Band dazu, spielen sie einfach schöne Popsongs und heben sich damit sehr von anderen Künstlern des Abends ab. Höhepunkte sind die Dänen When Saints Go Machine, die mit der besonderen Stimme ihres Sängers Nikolaj Vonsild begeistern wie auch mit einer vergleichslosen klanglichen Klarheit. Mit ihrer Musik, die House, Techno, Dance aber auch Pop und Postpunk zusammenbringt, ist die Audio Invasion die perfekte Bühne für sie. Auch die etwas verrückten Azari & III erfüllen auf ihre Weise den Mendelsson Saal mit ihren Tanzeinlagen, bunten Kostümen und überaus tanzbarem House. Ein zweistündiges DJ-Set von Peaches, einer ebensfalls farbenfrohen, sehr aktiven Kanadierin, bildet zu später Stunde dann einen gelungenen Abschluss. So können sich jene, die noch nicht genug Flüssiges an diesem Abend zu sich genommen haben, von der Künstlerin Champagner direkt in den Mund einflößen lassen. Bereits nach Mitternacht wurde im gesamten Gewandhaus überall getanzt und gefeiert. Die drei Floors boten so jedem ein breites Programm vor allem an elektronischer Musik. Hier wäre sicher im nächsten Jahr etwas mehr Vielfalt erwünscht, so dass auch Indie oder die im Leitspruch der Audio Invasion („Classic meets Pop meets Electro“) angekündigte Popmusik etwas mehr vertreten wäre. Zusammenfassend sollte jeder Leipziger einmal das Gewandhaus in diesem Anblick gesehen haben und so die Möglichkeit ergriffen haben, die hinterste Ecke dessen erkunden zu können. Auch ein jährlicher „Grund“ einmal Klassik zu hören und auch live erfahren zu können, zeichnet das Konzept aus. Diese am selben Abend wie vielleicht die eigene Lieblingsmusik zu erleben, ist nur noch die Kirsche auf dem Sahnehäubchen, welches sich Audio Invasion nennt. Alle Bilder sind von Phil Poltermann. Hier kommt ihr zum gesamten Album.Schlagwörter: Audio Invasion, Azari & III, Bené, Brandt Brauer Frick, David Jonathan, Gewandhaus zu Leipzig, Gewandhausorchester, Igor Strawinsky, Michail Jurowsk, Nikolaj Vonsild, Peaches, Phil Poltermann, When Saints Go Machine