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Feines Vinyl 21: Grobschnitt

feines Vinyl / September 8, 2017
Grobschnitt sind eine Legende. Zumindest bei einigen vielen. Denn die Kapelle aus Hagen gilt als erfolgreichster unentdeckte Kultband Deutschlands. Wie kommt das Zustande? Ganz einfach. Anfang der Siebziger Jahre machten sich die Musiker Eroc, Felix, Lupo, Willy Wildschwein, Baer, Quecksilber und Toni Moff Mollo auf um Deutschlands beste Krautrockband zu werden. Zwischen 1972 und 1989 veröffentlichten sie in leicht wechselnden Besetzungen insgesamt 14 Alben, die nun erstmals in einer Black and White Edition nach und nach auf den Markt kommen.  Auf einer schwarzen LP ist das von Eroc remasterte Album zu finden, auf einer weißen LP wurden Teils unveröffentlichte Demos oder Liveaufnahmen beigefügt. Gerade auf den Alben Ende der Siebziger verglich man Grobschnitt gern mit der atmosphärischen Musik von Genesis oder Pink Floyd. Doch davon war das Debut „Grobschnitt“ noch ein wenig entfernt. Es ist vor allem dominiert von jazzigen Jam Element und dem Novum, dass neben Eroc noch ein zweiter Schlagzeuger zu hören ist. Was muss es für den Hörer im Jahr 1972 für ein Schock gewesen sein, als er die Platte auflegte und erstmal einen Shantychor im Wechsel mit einem Hammond/Drum Intro aufs Ohr zu bekommen. Die „Symphony“ geht direkt voran. Eine repetetive Gitarrenlinie donnert hinterher und das Stück nimmt fahrt auf. Gerade die Gitarre ist hier noch sehr vom Jazz beeinflusst. Noch mehr muss der Hörer gestutzt haben als er am Ende der 13 Minuten spacige Sounds aus dem Synthie um die Ohren bekommen hat.  Zeit ihres Bestehens gab es zwei Punkte, die zumindest für deutsche Bands absolute Alleinstellungsmerkmale waren: Ihre Texte als auch Bühnenauftritte waren teils äußert komödiantisch und nicht selten gab es live zwischen den Stücken Sketche. Weiteres Merkmal: ausufernde Jamsessions. Eines ihrer berühmtesten Stücke ist „Solar Music“ (erschienen auf Ballermann 1974) – im Studio war es knapp über 30 Minuten lang, live nicht selten unter 60 Minuten. Anklänge dessen sind auf dem Debut schon mit dem zwanzigminütigem „Sun Trip“ zu vernehmen.  Die Anleihen von anderen Bands sind aber auch hier schon stark vertreten. So hört man vorallem Jethro Tull in ruhigen folkigen Momenten mit Akustikgitarren – als auch King Crimson – die damals mit ihrem „In The Court Of The Crimson King“ eines der wichtigsten Stücke der frühen Progmusik veröffentlichten. Gleichermaßen bemerkt man, dass die Band hier erst noch ihren Sound finden muss. Die Gitarreneffekte klingen teils recht blechern und die gewisse Stringenz im Gesamtbild, welche bereits auf dem folgenden Ballermann zu hören ist, fehlt hier teilweise. Deshalb ist „Grobschnitt“ auch für Musikliebhaber, die sich erstmal in das Werk der Hagener reinhören wollen, nicht so sehr geeignet. Die weiße LP liefert mit „About my Town“ und „The Machine“ auf der A Seite zwei Liveaufnahmen aus der Aula des Theodor Heuss Gymnasiums Hagen von 1971 – sowie auf der B Seite „Another Symphony“. An dieser Stelle ein großes Kompliment. Das Stück ist 25 Minuten lang, die empfohlene Länge einer LP Seite liegt bei max. 22 Minuten um einen guten Sound zu gewährleisten. Doch man vernimmt keinerlei Qualitätseinbußen. Die drei Livestücke beweisen die große Spielfreude von Grobschnitt, gleichermaßen auch die musikalische Qualität der Bandmitglieder.  Beide LP’s sind plan und überzeugen mit einem klaren, druckvollen und transparenten Sound. Wenn man das Debut in seiner Originalausgabe kennt, wird man diese am liebsten wegwerfen wollen – denn besser hat die Platte bisher nie geklungen!  
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