Gerade erst frisch ausgeschlafen und von der ersten eigenen Tour zurückgekehrt, haben wir die fünf Leipziger von Their Majesties auf der Insel im Johannapark zum nachmittäglichen Gespräch getroffen. Dabei konnten wir allerlei über das Leben auf Tour erfahren. Die Fotos von ihrem Auftritt in Leipzig in der HGB zur Eröffnung des Nagut.Labels, welches ab sofort erschwingliche Skizzenbücher für Künstler anbietet, findet ihr am Ende des Interviews.
Debbi (Access2Music.info): Ihr seid gerade von eurer Tour zurück. Wie war es? Salvatore Primeiro Derxon: Schön war’s! Aufregend. Loui Tacoma.: Zum kotzen! Ich hab’s gehasst. Nee, es war schön!
Debbi (A2M): Wo hattet ihr denn das beste Publikum? Loui T.: Ich würde sagen in Kassel und in Kiel. Ja, und Leipzig ausgenommen, natürlich. Derxon: Ja, es gab drei beste Publikums: Leipzig, logisch. Kiel, die hat es emotional sehr berührt, glaube ich. Hans Gärtner: Ja! Wirklich! Die hat das wirklich irgendwie voll mitgenommen! Derxon (weiter): … und Kassel, die wollten einfach nur ausrasten. Und das haben sie auch. Hans: In Kassel war auf jeden Fall am meisten Bewegung drin, glaube ich. Toney Villalobos: Wir sollten ein Live-Album machen… Derxon: Das beschissenste war Halle! Loui T.: Oldenburg, Oldenburg! Konrad Jackisch: Oldenburg, Bad Sooden Allendorf, Halle. Loui T.: In Oldenburg waren wir eigentlich echt stark… aber da war das Publikum echt wahnsinnig scheiße. Toney: Da haben wir für die Barfrauen gespielt! Das war schön. Loui T.: Dafür war es auch ein schöner Abend… Hat Spaß gemacht! Toney lacht schelmisch.
Debbi (A2M): Und wie war danach das Feedback der Leute? Loui T.: Eigentlich immer gut. Toney: Wenn welche da waren, fanden die das gut. Loui T.: Ja, also eigentlich alle, die da waren, waren immer gut auf uns zu sprechen. Konrad: Also gerade Kiel war für uns auch so schön, weil eigentlich die 20 Leute, die da waren zu uns gekommen sind und gesagt haben, dass wir übelst gute Musik machen. Also das Feedback war immer ziemlich gut. Loui T.: Also wenn man das an den CDs, die wir verkauft haben vergleichen kann, da war es überall ziemlich Spitze. Hans: Wenn 20 Leute da waren, haben wir meistens so 14 CDs verkauft. Loui T.: In Kiel hatten wir sogar ein paar CDs zu wenig. Da hat, glaube, jeder, der da war, eine mitgenommen. Stark! Hans: In Leipzig hatten wir auch viel zu wenig!
Debbi (A2M): In welcher Stadt habt ihr das Verrückteste erlebt? Derxon: Was ist denn verrückt?
Christian (A2M): Sex, Drugs ’n Rock’n’Roll! Derxon: Sex hatten wir gar nicht…
Debbi (A2M): Ihr hattet keinen Sex? Derxon: … also zumindest nicht wir miteinander. Diesmal. Loui T.: Also in Oldenburg war es ganz lustig… In Kiel war es verdammt hart! Hans: Ja, in Kiel war es einfach nur hart! Das war wirklich seltsam. Derxon: Ihr wart ja immerhin im Puff! Loui T.: Ne, wir waren daneben! Wir waren nicht im Puff! Hans: Wir waren unter’m Puff und haben Billiard gespielt in einer Kneipe mit extrem gruseligen Menschen. Loui T.: Also wer mal nach Kiel geht, sollte unbedingt ins Käpt’n Flint. Aber am besten ohne Motorrad und immer schön ruhig und immer leise sein. Hans: Ja nicht den Mund aufmachen! (Im Hintergrund stolpert ein Mädchen mit ihrem Fahrrad.) Loui T.: Oh man! Oh man! Hans: Das arme Kind! (Kind schreit und weint.) Och du Armes… Loui T.: Also Oldenburg und Kiel werden mir auf jeden Fall persönlich lange in Erinnerung bleiben. Toney: Familientragödien im Hintergrund…
Debbi (A2M): Wie war das Tourleben so? Wo habt ihr geschlafen? Loui T.: Also das mit dem Schlafen war eigentlich immer ziemlich luxuriös. Wir hatten immer Leute, die das veranstaltet haben, haben uns meistens etwas angeboten, wo wir uns niederlassen konnten, wenn wir wollten. An sich, das Leben hat immer ziemlich krass geschwankt zwischen im Bus sitzen und die Fahrt abwarten. Dann sich die Kante geben nach dem Konzert. Derxon: Naja, ne falsch. Loui T.: Falsch? Hans: Also, im Bus die Kante geben, dann warten bis zum Konzert und dann irgendwo pennen und dann aufstehen und wieder 6 Stunden im Bus sitzen und warten und sich die Kante geben und dann wieder warten bis das Konzert anfängt und dann immer im Kreislauf. Loui T.: Wir haben uns gefreut, wenn wir irgendwo mal kacken gehen konnten und duschen. Duschen war echt etwas wunderbares. Hans: Duschen war rar… Loui T.: Und Essen: Tankstellenessen, McDonalds, nichts erwähnenswertes. War auf jeden Fall ne andere Erfahrung. Derxon: Es gab auf jeden Fall kein kulturelles Rahmenprogramm. Hans: Und es war trister, als ich mir das im Vorhinein vorgestellt habe.
Debbi (A2M): Habt ihr euch denn gut verstanden? Oder könnt ihr euch gar nicht mehr sehen? Loui T.: Also ich war froh, dass wir uns ’ne Woche jetzt nicht gesehen haben, aber… Also wir hatten auch in der Waschanlage unseren Spaß am letzten Tag! Wir sind uns nicht nie so wirklich auf den Sack gegangen – was ich eigentlich anfangs erwartet hatte, dass wir uns mal so richtig anpissen. Hans: Also es gab schon ein, zwei Momente. Ich bin auf jeden Fall einmal ausgerastet. Aber so richtig. Das tut mir auch immer noch leid! Loui T.: Da erinnere ich mich nicht mehr so dran… Hans: Aber du hast mich unterstützt! Herzlichst! Loui T.: Achsoooo… Ne, da weiß ich nicht, was du meinst. Konrad: Wo bist’n du ausgerastet? Hans: In Bad Sooden Allendorf, da bin ich übelst ausgerastet. Konrad: Als Toney vor die Tür gepisst hat? Hans: Ja, erst gekotzt und das war ja okay, das kann man ja nicht steuern. Aber dann hat er sich vor die Tür gestellt und hat noch auf die Kotze draufgepisst. Da hab ich mir gedacht, ’Alter, das geht gar nicht! Die geben uns hier einen Pennplatz.’ Toney: Das war auch das einzige Mal, dass ich betrunken war! Hans: Ich hab auch echt üble Worte gewählt, das tut mir immer noch sehr leid!
Christian (A2M): Könntet ihr euch vorstellen, das für ewig zu machen? Derxon: Selbstverständlich! Hans: Auf jeden Fall. Loui T.: Ja! Hans: Also die nächsten 30 Jahre würde ich das bestimmt durchhalten! Konrad: Ich glaube, man müsste ein bisschen ein anderes Konsumverhalten an den Tag legen um auch wirklich länger als 10 Tage auf Tour zu gehen. Das würde man ja dann irgendwann merken. Loui T.: Also das war dann irgendwann echt krass! Ich glaube mein Immunsystem hat sich echt stark gehalten über die ganze Woche hinweg. Ich hab kaum Beschwerden gehabt. (Hans hustet). Als wir wieder zu Hause waren, war es echt wie als hättest du einen Lichtschalter umgelegt. Hans: Ich bin nach Hause gekommen und mit einem Moment – Zack! – und ich lag vier Tage im Bett! Also ich war, glaube, schon auf Tour krank, aber mein Körper hat das einfach ignoriert, irgendwie. Loui T.: Ja, das glaube ich auch, man hat das einfach nur noch überspielt. Aber ich würde auf Jeden Fall wieder auf Tour fahren, wenn es sich anbieten würde.
Debbi (A2M): Und wie kam es dazu? Habt ihr das selbst geplant? Oder wie haben sich die ganzen Konzerte ergeben? Hans: Tausend E-Mails verschickt. Konrad: Vor allem der Hans! Hans: Aber viel über Kontakte: Kassel, Oldenburg, Leipzig. Kiel war eigentlich auch über Kontakte. Das war ja nur eine Notlösung. Wir wollten eigentlich in Chemnitz spielen, aber die haben kurzfristig abgesagt. Und dann hat uns eine Freundin noch was in Kiel besorgt. Nur die zwei Berlinauftritte haben wir durch E-Mails bekommen. Derxon: Vielleicht will uns keiner… (alle lachen) Hans: Das war auch wirklich ein übelster Scheißjob so eine Tour zu organisieren. Wenn man Nächte vor’m Rechner verbringt und irgendwelche E-Mails schreibt und wenn man Glück hat, kommt ein „Nein“ zurück und sonst kommt einfach nichts. In Berlin kann man, glaube, einfach immer spielen, aber kriegt einfach kein Geld.
Debbi (A2M): Das heißt bei den anderen Auftritten habt ihr teilweise Geld bekommen…? (alle zögern) Konrad: Naja, wir hatten teilweise Einlass, was nicht so gut funktioniert hat, wie unsere zweite Möglichkeit, den Hut rumgehen zu lassen. Da ist die Kürbis dann immer vor’m letzten Lied mit dem Hut den Leuten vor der Nase rumgesprungen. Toney: Kürbis ist das Mädchen, das uns gefahren hat und es mit uns ausgehalten hat. Hans: Ja… den ganzen Tag hat sie uns 400 km geschifft. Konrad: … und sich um alle wichtigen Sachen gekümmert. Wie eben Finanzen, oder Autoschlüssel! (lacht) Hans: Kollektives „Danke“ an Kürbis! Toney: Kürbis war der Leim auf Tour! Konrad: Also wir haben nie eine feste Gage bekommen. Ich glaube, es war immer abhängig davon, ob wir gut gespielt haben und den Leuten gefallen haben. Zum Beispiel in Kiel, wo wir gut angekommen sind, hat uns der Burkhard dann einfach viel zu viel Geld gegeben! Loui T.: Also in Kiel war es auch echt krass. Ich glaube, wir pro Nase hätte jeder, wenn das Einlassgeld gewesen wäre, einen 10er bezahlt um uns zu sehen. Derxon: Im Nachhinein, wohlgemerkt! Vorher wahrscheinlich nicht… Wir hätten teilweise, glaube ich, Auslassgeld nehmen können. Toney: Ja, das ist unsere neue Marktstrategie! Wir nehmen kein Einlassgeld, sondern Auslassgeld. Hans: Ja, sonst kommen die Leute nicht mehr raus. Deswegen spielen wir dann auch meistens beschissen, damit sie raus wollen und wir jede Menge Geld kriegen! Aber ansonsten haben wir auch jede Menge Geld durch unsere Demo-EPs verdient, die wir für 3-5 € verscheuert haben. Es war echt gut, dass wir die dabei hatten, sonst wären wir echt viel mehr im Minus gelandet, als wir das sowieso schon sind. Loui T.: Obwohl da auch teilweise Leute 10 € dafür bezahlt haben…
Debbi (A2M): Also war es eher ein Minusgeschäft für euch? (alle lachen) Hans: absolut! So was von fett im Minus! Konrad: Wie wollten wir die Tour noch nennen? „Losing Money Tour?“ Hätte auf jeden Fall mehr zugetroffen…
Debbi (A2M): Aber meint ihr, es hat sich gelohnt? Toney: Für die Entwicklung auf jeden Fall! Aber finanziell nicht. Derxon: Aber das können wir so zukünftig nicht mehr machen. Wir können schon auf Tour gehen, aber das muss anders organisiert werden. Konrad: Das Problem war der Bus, den wir gemietet haben, der uns 1000 € jetzt kostet, wahrscheinlich. Hans: Der Bus war einfach nur teuer, viel zu klein… Loui T: … und viel zu sauber für unsere Verhältnisse!
Debbi (A2M): Und was hat es mit eurem Tournamen auf sich? Loui T.: „Suck My Genius“. Konrad: Das würde ich auch gern wissen… Hans: Im Suff… und im Nachhinein total bescheuert. Konrad: Und wer ist darauf gekommen? Hans: Ich glaube, ich bin darauf gekommen, und alle haben herzlichst unterschrieben, dass wir das so nennen! Loui T.: Also ich war voll dagegen! Derxon: Die nächste Tour heißt „Kiss My Wisdom“. Hans: Das find’ ich auch voll geil! Toney: „Lick My Talent“.
Debbi (A2M): Wie sieht es in Zukunft aus – habt ihr schon Pläne für eine EP, ein Album oder gar wieder eine Kassette? Loui T.: Erstmal ein neues Set aufbauen… Also wir haben das noch nicht so allgemein abgesprochen. Aber ich fänd’s cool, wenn wir erstmal neue Lieder machen würden, mehr Konzerte spielen, bisschen rumkommen, ein paar CDs vertreiben, paar Leute kennenlernen. Hans: Nächstes Jahr vielleicht ein paar mehr kleine Festivals spielen. Loui T.: Es ist nicht so, als hätten wir uns einen übelsten Zeitplan aufgestellt, den wir unbedingt einhalten wollen, oder als hätten wir Ziele, die wir unbedingt verwirklichen wollen dieses Jahr. Hans: Auf jeden Fall mehr und weiter! Loui T.: Immer mehr und immer weiter! Hans: Also auf jeden Fall: auf Tour gehen und irgendwann ein Album aufnehmen.
Debbi (A2M): Okay, letzte Frage. Mit welchem Künstler würdet ihr in Zukunft gern zusammen arbeiten? Loui T.: Also wir haben in Berlin eine Band kennengelernt von der wir echt wahnsinnig beehrt wurden, dass sie uns supportet haben. Das waren La Horse. Ich will das gar nicht in Worte fassen. Das ist einfach grandiose Musik gewesen. Es steht auch schon im Raum, dass wir mit denen zusammen demnächst mal in Leipzig spielen. Mit denen wieder was zu machen, wäre auf jeden Fall ein Höhepunkt für die nächsten paar Monate. Hans: Mit denen könnte ich mir auch echt vorstellen, mal vier Konzerte am Stück zu spielen. Das waren extrem nette Leute und auch musikalisch hat sich das gegenseitig extrem gut ergänzt. Das wäre ’ne gute Sache. Konrad: Aber einen Künstler, wo wir sagen, mit dem müssen wir unbedingt was zusammen machen… Loui T.: Ich glaube, wir sind besser als der Rest der Welt… Toney: Der Noel Gallagher spielt demnächst in der Ilse für uns Support!
Interview: Deborah Brzezinski. Fotos: Christian Grube / Archeo Pix.
Their Majesties könnt ihr auch noch weiterhin live erleben:
30.04. – Leipzig, Absturz 17.05. – Ermlitz, Mühle 16.06. – Dresden, BRN – Barneby 22.-24.06 – Döbeln, Reich Und Schön Festival
Schlagwörter: Hans Gärtner, Johannapark, Konrad Jackisch, La Horse, Leipzig, Loui Tacoma, Nagut.label, Salvatore Primeiro Derxon, Their Majesties, Toney Villalobos