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Phil Collins – Take a Look at me Now – Part 4

Rezensionen / Juni 20, 2016

Die Neuveröffentlichung des Phil Collins Backkataloges erreicht die Zielgrade. Mit den Alben But Seriously sowie (The Essential) Going Back sind nun die letzten beiden Platten veröffentlicht worden. Zwei LP’s wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Wir hatten ja schon einmal festgestellt, dass dem singenden Schlagzeuger gern unterstellt wurde, zu gleichförmigen Pop produziert zu haben. Bei genauer Betrachtung zeigte sich jedoch, dass diese Behauptung keinerlei Bestand hat. Nicht nur durch die, teils sehr persönlichen Themen, auch musikalisch weiß Phil Collins zu überzeugen. Von easylistening Poprock über Soul bis hin zu Motown reicht die Spanne des Briten.

…But Seriously (1989)

Mit über sechs Millionen verkauften Einheiten ist das zwei Tage vor dem Mauerfall erschienene …But Seriously bis heute das zweiterfolgreichste Album in Deutschland – nach Herbert Grönemeyer. Musikalisch setzte Phil Collins auf vermehrten Liveeinsatz vom Schlagzeug. Entgegen seiner Gewohnheit großteilig Drumcomputer in die engere Wahl zu ziehen. Dadurch wirken die Stücke in sich alle organischer. Als Gäste sind u.a. Steve Winwood als auch David Crosby zu hören. Eric Clapton, für den Collins damals die Drumsticks schwang, ist mit seinem charakteristischen Gitarrenspiel auf „I wish it would rain down“ zu hören.

…mal im Ernst. So oder so ähnlich würde der Titel seines vierten Albums in Deutschland heißen. Phil Collins schlägt hier durchaus ernsthafte Töne an. Waren es auf Face Value bis No Jackett Required vor allem persönliche Probleme, welche es zu verarbeiten galt. Geht es vor allem um gesellschaftliche Probleme. Aber auch Krieg und Obdachlosigkeit spielen eine durchaus zentrale Rolle. Und das obwohl die Stücke allesamt durchaus einen positiven Grundsound bieten. Das zeigt auch, warum Phil Collins oft missverstanden wird bzw. wurde. Siehe „Another Day in Paradise“ – einer seiner größten Singlehits. Nein es geht hier nicht um einen schönen Urlaubstag im Paradies. Vielmehr geht es um den Widerstreit zwischen Obdachlosigkeit und den Menschen denen es besser geht.

Fast schon Progrock wird mit „Colours“ präsentiert. Eine eingängige Gitarrenlinie von Daryl Stuermer, wabernde Drums. Das macht Spaß und vor allem fällt hier das sehr gute Remaster auf.  Das Schlagzeug wandert im Sound mal von links nach rechts und wieder zurück. Man fühlt sich quasi mitten in den Song versetzt.

Auch die anderen Stücke wie „Something happened on the Way to Heaven“ oder „I wish it would rain down“ bieten Eingängigkeit gepaart mit kompositorischer Tiefe. Noch ausgefeilter sollte es mit dem oft für zu ruhig befundenen  Both Sides werden.

Die zweite CD liefert wie gewohnt Liveversionen (von Serious Hits live sowie dem Live in Paris 2004 Konzert), B-Seiten und Demofassungen. Interessant sind vor allem hier die Rumpffassung von „I wish it would rain down“ – mit nicht vollständigem Text und viel „Yeah“  aber auch „Colours“ live. Ein sehr starker Song, der leider etwas unbeachtet blieb.

The Essential Going Back (2016)

goin backPhil Collins hatte 2004 angekündigt etwas ruhiger treten zu wollen. Trotz dessen kam es 2007 zur großen Genesis Reuniontour. Nicht wenige hofften auf ein neues Album mit Tony Banks und Mike Rutherford. Dazu kam es nicht, Collins begab sich 2010 lieber auf eine Reise in seine Jugend, in die 60er, welche ihn musikalisch stark geprägten. Es war die Zeit von Motown, den Supremes und der Spectorschen Wall of Sound. Der Brite nahm sich diesen Stücken an und interpretierte sie auf seine Art – ohne jedoch den Charakter der Stücke zu verändern. Es ging ihm mehr darum das Gefühl einzufangen, das er beim ersten Hören empfand. So setzte Collins hier vor allem auf den bewährten Bigbandsound. Ein paar Streicher, Besen statt Drumsticks, Jazzgitarren und Bläser. Dabei wählte er Stücke von Carole King und Gerry Goffin, Marvin Gaye, Smokey Robinson oder auch Stevie Wonder.

Die aktuelle „Essential“ Edition ist eine leicht kondensierte Fassung des Originals. Dies enthielt noch „Blame it on the Sun“, „Jimmy Mack“, „Standing in the Shadows of Love“ sowie „Love is here and now you’re gone“.  Collins schreibt in den Linernotes, dass er das Gefühl hatte, dass auf der ursprünglichen Ausgabe zu viel Musik sei und die Leute überfrachten könnte.  Auch hat er ein wenig an der Reihenfolge der Songs gewerkelt. So öffnet er mit dem King/Goffin Cover „Going Back“ und schließt mit „Uptight“. Das macht es alles in allem etwas kohärenter. Rückblickend betrachtet, wäre damals auch der jetzige Opener eine perfekte Single gewesen. So ist es dann „(Love is like a) Heatwave“ geworden.

Als Bonus findet sich das fast komplette Konzert im New Yorker Roseland Ballroom. Nur eines von zwei Konzerten im Rahmen des Going Back Releases. Auf der Platte schon wirklich schön anzuhören, gewinnen die Stücke live nochmal deutlich an Gewicht. Hier wird u.a. auch noch My Girl als Bonus gespielt.

The Essential  Going Back ist nicht nur die persönliche Rückbesinnung des Phil Collins an seine Jugend, nein es ist auch jüngeren Hörern ein Einstieg in die Welt von Motown und co. Collins hat eine exzellente Band im Rücken und schafft es den damaligen Zeitgeist gut einzufangen.


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