Kennt ihr das ? Einige Alben gehen beim ersten Hören sofort ins Ohr aber im Nachhinein fällt es eher in die Belanglosigkeit ab. Einige andere Scheiben muss man länger auf sich Wirken lassen, bevor sie sich einem öffnen. Die dritte Kategorie ist die, der Alben welche sofort gefallen und eine derartige Intensität verbreiten, dass man sich gleich verliebt. So ein Album ist „Weather Systems“ (erschienen bei K-Scope) der britischen Band Anathema. Wir durften Gitarrist und Songwriter Danny Cavanagh kurz nach der Veröffentlichung des Albums interviewen.
Ursprünglich wandte sich die Band welche 1990 unter dem Titel „Pagan Angel“ gegründet wurde, dem Doom- und Dark Metal zu. Nach einigen EP’s und Alben, deren Musik für nicht Metalfans durchaus als unzugänglich bezeichnet werden kann, wandelte sich der Stil vom tiefen grunzenden, gitarrenlastigem Metal hin zum melodiösen, synthielastigem Progrock im Geiste von Pink Floyd. Nach einigen Durststrecken, wie Verlust des Plattenvertrages etc. ist der Stern wieder am steigen. Die Medien überschlagen sich derzeit mit Lobeshymnen für „Weather Systems“. Die Platte stieg bis in die Top 20 der deutschen Albumcharts ein. Auf die Frage ob die Band diesen Erfolg erwartete antwortete uns Danny Cavanagh: „Es ist schon eine kleine Überraschung für uns. Wir haben das so nicht erwartet. Während der Arbeiten am Album mochten wir das, was wir hörten, doch erst zum Ende hin, als wir Songs wie Untouchable 1 + 2 oder The Beginning and the End fertigstellten merkte ich, dass es besser werden könnte als „We’re here [because we’re here]“
Während der Vorgänger von Porcupine Tree Mastermind Steven Wilson produziert bzw. gemixt wurde, saß bei Weather Systems Christer-Andre Cederberg am Mischpult. Zur Zusammenarbeit mit Wilson und Cederberg erzählte uns Danny Cavanagh, dass er „die Zusammenarbeit toll fand. Ich mochte seine Professionalität, seine Attitude und seine Qualitäten als Producer. Ich genoß es zu sehen wie er das Album gemixt hat. Es hat mich schon geboostet doch das Songwriting selbst hat es nicht beeinflußt. Die Arbeit mit Christer beeinflußte mich sehr. Es war das erste Mal seit Jahren das wir mit einem Producer von Anfang bis zum Ende zusammenarbeiteten. Er produzierte die gesamte Musik. Wir hatten schon eine spezielle Bindung zu ihm und es gab keine Differenzen über die Musik. Er holte das Beste aus jedem heraus. Man kann sagen, dass wir Freunde fürs Leben geworden sind.“
Grade die genannten Untouchable Pt. 1 und 2 können nicht besser als Opener fungieren. Die gezupfte Westerngitarre setzt mit einem feinen Picking ein, der Gesang baut sich auf bis zum Ende hin die gesamte Band einsetzt und den aufgebauten Druck völlig entfesselt. Part 2 ist dominiert von Pianoklängen und dem Wechselspiel bzw. Gesang von Sänger Vincent Cavanagh und Sängerin Lee Douglas. Einfühlsam und Emotional – so lassen sich beide Teile bezeichnen. Eine Intensität die sich durch das gesamte Album zieht.
„Es war nicht sehr schwer Ideen und Demos zu Songs zusammenzufügen. Oftmals stechen Einige mit einer tollen Qualität heraus, so dass es nicht schwer ist eine Tracklist zu erstellen. Die schwierige Entscheidung war was mit den Weather Systems Song zu tun sei. Wir schrieben und nahmen die ersten Fünf als EP. Als wir uns entschieden ein Album zu machen fragten wir uns was zu tun sei. Entweder 3 oder 4 Songs hinzuzufügen oder komplett Neue aufzunehmen. Ich weiß noch als ich eines Tages dann die Songs nochmal hörte dachte ich dass sie gut sind wie sie sind und wir entschieden uns für erste Variante. Die Qualität der Songs hat quasi für die Entscheidung gesorgt. „ Erzählt uns Danny Cavanagh über die Art wie er Songs auswählt und wie die Entscheidung für Weather Systems ausfiel. Diese von ihm genannte Qualität ist durchweg zu hören. Im Vergleich zu den früheren Alben hat Lee Douglas mehr Raum bekommen. So zu hören in der Powerballade „Lighting Song“.
Kurz vor Erscheinen des Albums waren Anathema auf Tour und präsentierten die neuen Lieder. „Die Reaktionen waren durchweg positiv. Die Tour war sehr toll. Grade in Deutschland war es sehr schön. Ich hab sowieso eine spezielle Beziehung zu Deutschland. Im Facebook habe ich dazu etwas geschrieben was du gerne abdrucken kannst“. Da wollen wir euch natürlich auch nicht vorenthalten was Danny da schrieb:
So now to Germany, a wonderful country, so close to my heart in many ways. My affection for this part of the world and this nation goes very deep, and I consider German people to be beautiful and kind and with good intention toward their European neighbours. The album has entered the charts in a high position in Germany too and I would like to thank all those business people (record company and concert promoters) for helping to create this success.
„Die Leute nahmen die neuen Songs sehr gut auf. Meist spielten wir zuerst drei Songs von Weather Systems und dann Thin Air (von We’re here because we’re here, Anm. d. Red). Es war aber auch sehr unterschiedlich. Zum Beispiel in England haben wir durch die letzten beiden Alben viele neue Fans gewonnen. Da sind die Reaktionen auf das neuere Material ganz anders als z.B. in Polen, wo viele ältere Alben sehr beliebt sind. „
Oftmals wird der Band eine gewisse musikalische Nähe zu Pink Floyd nachgesagt. Gewisse Einflüsse sind unbestreitbar. Grade bei Songs wie Lightning Song oder The Beginning and the End ist dieser sphärische, synthielastige Sound zu vernehmen. Gepaart mit progressiven Gitarrensounds und einem lyrischen Gesang entsteht dieser Eindruck auch bei Weather Systems. Doch Danny sagte uns im Gespräch dass der Einfluß von Pink Floyd garnicht so groß sei wie angenommen. „Ich denke sie haben auf Duncan Patterson (ehemaliger Bassist) einen größeren Einfluß gehabt als auf uns.“ Obwohl sie auf Konzerten regelmäßig Comfortably Numb spielten. „Der Song ist wohl einer der besten Songs von ihnen. Shine on you crazy diamond ist auch so ein geniales Stück. Meines Erachtens die beste Band der Siebziger. Wobei sie später nicht mehr so gut waren. Auf Division Bell gibt es zwei gute und einen großartigen Song, aber das Songwriting ist nicht das Beste. Wenn Roger Waters sein Amused to Death mit David Gilmour aufgenommen hätte. Wäre es wohl das beste Pink Floyd Album aller Zeiten geworden“
Wenn man nun das gesamte Album mit etwas Abstand auf sich wirken lässt fällt auf, wie viele Details beim wiederholten Hören neu auffallen. Mal ist es eine Gitarrenspur, mal eine Melodiewendung die einem vorher garnicht ins Gehör kam. Was auf jeden Fall dem Erlebnis dienlich ist, entweder laut auf der Anlage aufdrehen oder sich in einen Sessel setzen, Kopfhörer drauf, Lautstärke aufdrehen und Augen schließen. Die Bilder entfalten sich von ganz allein.
Im Juli kommen Anathema nochmal für drei Termine nach Deutschland. Am 19.7. spielen sie auf dem Burg Herzberg Festival, am 20.7. in Würzburg und am 21.07. werden sie dann auf der Parkbühne am Geyserhaus in Leipzig auftreten. Ich bin mir sicher, die Band wird den Songs live nochmal ordentlich Druck verleihen. Wer also die Chance hat und in der Nähe wohnt oder gern auf Reisen geht, sollte sich unbedingt eines der Konzerte geben.
Fazit: Weather Systems ist ein Album was man unbedingt im Regal stehen haben muss. Für mich ein ganz heißer Kandidat auf das Album des Jahres. Jegliche Art von negativer Kritik wäre hier entweder kritisieren auf höchstem Niveau oder Erbsenzählerei. Mit seinem eingängigen Sound, seiner traumhaften Melodien und einer ordentlichen Portion Druck ist Weather Systems ein Platz in der Rock History sicher. Auch wenn ein Vergleich nicht unbedingt gewünscht ist, könnte man Anathema als Pink Floyd des 21. Jahrhunderts bezeichnen. Diese Songs müsste man mal im Stadion erleben…Großartige 10/10 Punkte !
Wir bedanken uns bei Danny Cavanagh für das Interview !
Tickets für das Leipziger Konzert gibt es unter:
http://www.geyserhaus.de/?page_id=4&event_id=4479
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