Livealben sind immer zweischneidige Schwerter. Fangen sie die Stimmung gut ein? Ist die Band optimal aufgelegt? Herbert Grönemeyer und Udo Lindenberg haben mit „Live in Bochum“ bzw. „Stärker als die Zeit – live“ nun zwei absolut hörenswerte Zeugnisse ihrer aktuellen Touren vorgelegt.
Der Panikpräsident Udo Lindenberg erlebt im Moment wohl seinen zweiten Frühling – zumindest karrieretechnisch. Mit „Stark wie Zwei“ (2008) und seinem MTV Unplugged wurde man wieder auf den inzwischen 70 jährigen Sänger aufmerksam, obwohl er ja nie wirklich weg war. 2014 trat er erstmals in Fußballstadien auf – 2x in Düsseldorf und 2x in Leipzig. Alle vier Konzerte waren ausverkauft. (Wir berichteten) Mit „Stärker als die Zeit“ veröffentlicht Lindenberg nach acht Jahren sein 35. Album – zum Abschluss der Tour gastierte er nocheinmal für zwei Konzerte in der Red Bull Arena in Leipzig. Beide Shows wurden nun als Livealbum veröffentlicht.
Ein Konzert von Udo Lindenberg und dem Panikorchester ist vor allem eins: grell, bunt und wild. Die Band in der aktuellen Besetzung spielt seit 1996 zusammen. Steffi Stephan genau wie Hannes Bauer oder Bertram Engel sogar schon seit den Siebzigern und Achtzigern im Panikorchester. Dies ergibt ein unvergleichliches Zusammenspiel. Es wird gerockt, gebluest und man merkt der Band den Spaß bei der Sache an.
Die Show im Stadion von Leipzig bietet vor allem die großen Lindenberg Klassiker: „Honky Tonky Show“, „Odyssee“, „Horizont“ und und und…Hinzu kommt eine illustre Runde von Gaststars: Clueso, Otto Waalkes, Helge Schneider, Till Brönner, Stefanie Heinzmann und Daniel Wirtz. Ebenfalls mit dabei ist Josephin Busch, die Hauptdarstellerin des Musicals „Hinterm Horizont“. Sie ist seit der Tour 2012 bei vielen Konzerten von Udo Lindenberg mit aufgetreten. Ihre Performance ist schlichtweg der Hammer. „Horizont“ ist mit ihr kaum zu überbieten.
Fans sollten unbedingt zur Deluxe Edition greifen, hier ist eine Bonus-CD enthalten, die eine Reihe weiterer Highlights der Tour enthält. So gibt es u.a. eine alternative Version von „Cello“ mit Daniel Wirtz zu hören, die deutlich besser als die Unplugged Fassung ist. Ebenso mitreißend sind die Auftritte von Eric Burdon – dem Sänger der Animals und Klaus Doldinger.
„Stärker als die Zeit – live“ ein absolutes Highlight des Panikpräsidenten!
Ein wenig schwerer macht es dagegen Herbert Grönemeyer mit seinem Konzert „Live in Bochum“. Herbert in seiner Heimatstadt. Das ist eigentlich schon ein Highlight für sich. Bei den beiden Shows im Bochumer Stadion am 19. und 20. Juni 2015 spielte der Musiker am ersten Tag 35 Songs, am zweiten sogar 37 – fast schon Springsteensche Verhältnisse. Also ist es kein Wunder, dass Herbert Grönemeyer spitze aufgelegt ist. Gerade seine Hymne „Bochum“ wird vom Publikum frenetisch mitgesungen. Auch das Medley „Männer“/“Was soll das?“/“Vollmond“ oder die Songs von „Dauernd jetzt“ wissen in Bochum zu überzeugen. Im Gegensatz zum Tourfilm „Dauernd jetzt – live“ ist Herbert hier deutlich motivierter. Auch wirkt die Band viel besser aufgelegt.
Warum nun macht es „Live in Bochum“ einem echt schwer? Weil von den 35 bzw. 37 Songs der beiden Konzerte nur 21 auf die beiden CD’s respektive 2 LP’s gepresst worden sind. Highlights wie „Mambo“, „Currywurst“, „Land Unter“ oder „Kinder an die Macht“ fehlen. Die beiden Bochum Shows wurden ja als Auftritte mit speziellen Setlists angekündigt. Wenn man eine Liveplatte dazu veröffentlicht, warum wird dann das Konzert so gekürzt, dass es sich mit der „Dauernd jetzt – live“ fast gleicht? Gleichzeitig fragt man sich, wozu die beiden Bonustracks aus Berlin dienen sollen. Das ist schade und es wurde eine große Chance verpasst, Herbert Grönemeyer in seiner Heimatstadt gebührend abzubilden. Musikalisch gibt es absolut nichts zu meckern. Gröni ist wunderbar aufgelegt und feiert jeden Song. So muss das sein und das macht ein Herbert Konzert aus.
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