(F)Sie kamen alle. Das rote Pferd ebenso wie die Affen der Bloodhound Gang. Ninja Turtle Leonardo an der Seite von Batman. Da ließ auch der junge Mann im Bryan Adams Shirt nicht lange zweifeln, zu welchem Stelldichein wir uns in Roitzschjora getroffen haben. Legenden und aufstrebende Künstler reichen sich hier schon seit Jahren die Klinke in die Hand. Metaler aus aller Herren Länder sind hier schon im knietiefen Matsch versunken. Und so folgten auch 2012 alle dem Ruf, um das 19. With Full Force wieder zum vollen Erfolg werden zu lassen.
Während ich mich noch auf Madball und Pennywise freute, wartete mein Kollege schon sehnsüchtig auf Machine Head. Doch der Freitag hatte gerade erst begonnen und wir stiegen ins Festivalwochenende ein mit We Butter the Bread with Butter, die das Dach über der Tentstage fast zum Einsturz brachten. Schon eine kleine Ewigkeit, bevor sie die Bühne überhaupt betraten, platzte das Zelt aus allen Nähten. Die zahlreichen Shirts waren also doch nicht nur wegen der bunten Motive gekauft worden. Diese Jungs gehörten eindeutig zu den Lieblingen.
(M)Wie bei ihren Auftritten bei diversen Festivals zuvor, haben die Brandenburger von We Butter the Bread with Butter auch beim With Full Force 2012 wieder einmal gezeigt was an melodic-deathcore Metal in Ihnen steckt. Am deutlichsten traf mich sofort die Growlkeule beim Einsteiger und ich musste mich beherrschen nicht mit der Kamera in der Hand loszubangen. Die Fans waren auch bei „Fuchs du hast die Gans gestohlen“ voll dabei und es gab keinen der sich gegen die Energie von WBTBWB wehren konnte und nicht wogte, jumpte oder moshte.
(F)Da wir uns zwischen WBTBWB und Pennywise zerreißen mussten, können wir nicht sagen, ob unser persönlicher Wunsch im Zelt gespielt wurde. Wir konnten aber zumindest noch zu „Alle meine Entchen“ und „Schlaf Kindlein, schlaf“ auf dem Bett hüpfen wie in frühen Kindheitstagen. Nur härter, schneller und lauter. Und das Bett war natürlich nicht jedermanns Sache. Es war eher reserviert für die Sieger des alljährlichen Wettbewerbs „Als erster breit sein“, die im Vergleich zu den „Am längsten Durchhalter“ defintiv so einiges verpasst haben.
(M)Ich weiss nicht ob es euch genauso ging und ein leichter Anflug von Trauer und Verwirrung überkam wie mich, als die Metalcoregranaten Lamb of God aus US-Virginia kurzfristig absagten und Emmure ihren Platz einnahmen. Genauere Umstände warum Randy Blythe und Co. nicht konnten kann ich euch nicht erklären, aber das ist nicht so schlimm, es gibt ja noch ein paar Festivals, wo Ihr sie sehen könnt.
(F)Bevor es zum Highlight des ersten Abends kam, bewahrheitete sich die Wettervorhersage. Es wurde dunkel, dichte Wolken hingen über dem Gelände. Doch Thor war der Meute gütig gestimmt und entlud Blitze und Donner über dem nahegelegenen Delitzsch. Es konnte in die letzte Runde auf der Mainstage gehen.
(M)Schon von Weitem hörte man es bereits: „Machine Fucking Head, Machine Fucking Head.“ Leute, es war Freitag kurz vor 22:45 Uhr und die Anspannung zerriss mich beinahe, denn dort spielte der „Tentonhammer“ aus Oakland. In mir hörte ich nur noch „The Blood, The Sweat, The Tears“ oder „I am Hell“ und mein Song „The Burning Red“, denn mit dem Album „Hellalive“ kam ich zu dieser geilen Band um Robert Flynn, die auch mit „Unto the Locust“ wieder zeigeten, dass amerikanischer NEO- Thrashmetal mitreißt, vor allem live mit den energiegeladenen Riffs aber auch mit den ruhigen klaren Passagen, die einem den Himmel näher bringen. Wenn man in die Menge sah bei „The Darkness inside“, spürte man die tiefe Verbundenheit zur Band in diesem Moment und wie die Texte in die Glieder der Fans fuhren. Die Show von Machine Head war einfach heißer Metal. Und so ging der erste Tag zufriedenstellend zu Ende.
(F)Für die Organisation gibt es Punktabzug. Für wetterfeste Camper war alles super, für Bett-Liebhaber sah es mau aus. Und so hätten wir am Samstag wegen dem äußerst lahmen Shuttle Verkehr fast die Excrementory Grindfuckers verpasst. Aber dann wär Polen offen gewesen! Diesen Spaß wollte sich auch sonst keiner entgehen lassen und entsprechend voll war es trotz der frühen Zeit von 14:50 Uhr. Schon beim langen Gang ums Gelände konnten wir die Menge bestaunen, die den Platz bis dicht an den Zaun füllte und fröhlich zu „Looking for Grindcore“ mitgrölte. Nur noch wenige Minuten und einige hundert Meter, bis wir die Band auch sahen.
(M)Ich sag nur, wie eine „Fata Morgana“ so standen sie da, denn ich konnte nicht glauben das ich The Excrementory Grindfuckers live sah, aber es war wahr und dort auf der Mainstage stand die Grindcore Combo aus Hannover und gab „Staatsgrind Nr.1“ zum besten. Die Crowd war wie gewohnt in super Feierstimmung. Die Grindfuckers überzeugten wieder einmal mit Pigsquealing, schnellen Wechseln zwischen instrumentalen Tempos sowie klarem Gesang und Growling.
„Carnifex.“ antwortete ich, als mich ein stark alkoholisierter Festivalbesucher nach der nächsten Band fragte und mir fast auf die Schulter gekotzt hätte. Aber egal, denn die Extreme Deathcore Band aus San Diego waren einfach nur YEAH! Wenn man auf Punkelemente, Blastbeats und tiefgestimmte E-Gitarren steht, dann steht man hier richtig.
Bei den Schweden von Perkele war ich, sagen wir, überrascht. Sie wirkten ein bisschen langsamer und „ruhiger“ sowie gelangweilter, was Ihre technischen Probleme und das Warten am Anfang nicht rechtfertigen. Nichtsdestotrotz meines Erachtens auf dem WFF 2012 eine Band für Liebhaber und eine nette Pause für die Ohren
Die amerikanischen Deathcore Brummer Cannibal Corpse hingegen schickten Ihr brutales Massaker aus Ihrem neuen Album Torture in die Metalmenge und bewiesen, das die schnelle, individuelle technische Spielweise sowie die vielfältigen Tempoänderungen in den Songs im Fangehörgang das Moshen signalisierte. Ihre Mixtur aus Deathmetalherrlichkeit und Trashmetalfinsternis rechtfertigen mal wieder 25 Jahre ansteigenden Banderfolg. Ja, bei den Corpse geht es heavy, sehr finster und brutal zu, sodass dir frontal in die Metalfresse gegroovt wird.
(M,F)Es folgten Immortal, drei Gehörgangkiller aus Norwegen, die dir mit Ihren Songs das Gehirn aus dem Schädel stämmen. Ihr Blackmetalfallout ist ursprünglich und fordert die böse Seite in dir heraus. Ihre Kostüme sind klassisch, das fette MakeUp sieht man so sonst nur noch bei Kiss. Leider gab es einige technische Schwierigkeiten, was die Freude an der Show bei Band und Publikum ein wenig minderte. Doch das hielt nur kurz, denn es folgte ein weiteres Highlight auf den Fuß, dass auch uns wieder aus dem Pressezelt hervorlockte.
(M)Wer kommt aus Saalfeld an der Saale, ist zu fünft und macht den krassesten Metalcore? Genau, es sind Heaven Shall Burn. Die Band verbindet Hardcore-Elemente mit extremem Death Metal, Thrash Metal und einigen Elementen an melodischen Hooklines. Teils wird es in Ihren Texten politisch und es kommt zu einer klaren Ansage gegen totalitäre Systeme sowie Rassismus. Auch schlägt sich die vegane Natur und Naturverbundeheit der Band in den Texten nieder. HSB sind trotzdem keine Moralapostel sondern Straight Edge Metaler.
(F)Die Wolken wurden immer dichter. Ein Blick nach oben ließ nichts Gutes ahnen. Die Stimmung stieg gewaltig. Alle warteten gespannt. Doch noch wörtlicher als die Hannoveraner es taten, kann man den Bandnamen nicht nehmen: Der Himmel soll brennen. Und so ließen sie sich lange bitten, bevor sie auf die Bühne kamen. Doch weniger von den Fans als vielmehr vom Himmel selber. Schlagartig wurde es finster, beinah kunstvolle Blitze erhellten die Nacht. Mit einem kleinen fing es an, sie wurden immer größer, bis es zu einem regelrechten Inferno wurde. Als die Band dann endlich die Bühne betrat, reichte ein einziger Blitz, um es taghell werden zu lassen. Was folgte, war Regen. Sturzbachartig ergoss sich alles auf die feiernde Meute. Besorgt um meine Kamera schnappte ich mir Martin und jagte nach einem Taxi. Vor Ort lief die Party weiter, nur unterbrochen als der Regen zu heftig wurde. Was dann in der Nacht geschah, ist weithin bekannt.
Als wir am frühen Sonntag Nachmittag auf das Festivalgelände zurück kamen, trafen wir auf eine allgemeine Abrissstimmug. Nicht nur kamen uns auf dem langen Weg schon viele Abreisende entgegen, es zeigte sich auch ein Bild der Zerstörung. Viele Zäune erfüllten ihre Funktion als Sichtschutz nicht mehr, allerorts lagen die Planen nutzlos davor. Der Sturm hatte deutliche Zeichen hinterlassen. Durch eine Botschaft auf der Großbildleinwand wurden alle Besucher über die Ereignisse der vergangenen Nacht und ihren Ausgang informiert. Es folgte ein kurzes In-sich-gehen und ein mentales Dankeschön an alle Helfer, bevor der letzte Festivaltag richtig startete.
(M)Kill Devil Hill haben eine echt langweilige Standarttour abgeliefert und sowas von nicht geflasht, ich wäre beinah hinter meinem Objektiv eingepennt. Obwohl ich besseres gehört habe. Normalerweise sind die Amies für herlichen Groove Metal mit Grungeelementen bekannt und der Sänger Dewey Bragg für seine raue Stimme sowie seinem sehr melodischen Gesang. Aber was sie hier zeigten, hatte mit ihrem Ruf nicht viel zu tun. Es gab keine Interaktion mit dem Puplikum, nur ein bisschen growling hinter dem Mikro und irgendwas zwischen 32igsteln und 64igsteln und die obligatorische Double Bass. Man hörte keine instrumentale Kreativität.
Während Floree sich Poster und Booklets signieren ließ von ihren Helden von Flogging Molly, versüßten uns Trivium aus Orlando den Sonntag mit feinstem Melodic Metal. Die Dreifaltigkeit, wie es ihr Name suggeriert, schaffen eine verbale Reichhaltigkeit Ihrer Songs, die die Fans auf einer tiefen emotionalen Ebene berührt, was man sehen konnte durch zutiefst ergriffene Metaler. Ich hätte es nicht geglaubt, wenn ich es nicht gesehen hätte. Mit einer Mischung aus Thrash, Death, Metalcore und Prog Einzelelementen sahen wir hier beim WFF 2012 eine aufstrebenden Band, von der man gerne Fan wird. Ob sie es auch geschafft haben, eine junge Liebe zu retten? Wir wissen es nicht, wünschen den beiden aber alles Gute und sehen zumindest ihn nächstes Jahr wieder auf dem Flugplatz. Dann fragen wir nach.
(F)Mit Fug und Recht kann man sagen, dass Flogging Molly die bestgekleideste Band auf dem Festival waren. Zumindest aus meiner weiblichen Sicht. Trotz dritter Abend holten sie noch einmal alles aus uns raus mit ihrer energiegeladenen Show. Schon mit „Drunken Lullabys“ einen guten Einstieg geliefert, steigerte sich die Stimmung noch einmal merklich bei „Devils Dance Floor“. Begannen wir noch mit einer überschaulichen Runde hartgesottener Fans, machte unser wildes Tanzen zu den fröhlichen irisch-angehauchten Klängen schnell die Umstehenden neugierig und so füllte sich das Zelt immer mehr, bis es krachend voll war. Bevor es mit Nathen Maxwell philosophisch wurde zeigte uns Dave King, was eine selbsterfüllende Prophezeiung ist. Zur Ankündigung von „The Power’s out“ ließ er sich ein Megafon geben, doch die Batterien waren wohl leer. Power’s out eben. „Float“ war eine willkommene Pause vom Springen und Moshpitten, die man nutzte um die Stimmbänder durch lautes Mitsingen abzuhärten. Gleich darauf wurde es noch einmal schneller und so blieb es, bis auch der letzte vor der Bühne völlig durchgeschwitzt war.
(M)Children of Bodom sind 5 Finnen, die uns in ihren Texten mit dem Leid durch Tod, Gewalt und Aggression bombadiert. Sie gaben den Fans was sie brauchten: schnelle Läufe in Leadgitarre und Keyboard, kurze Melodiebögen und den gutturalen Gesang von Frontmann Alexi Laiho. Auch die häufigen Wechsel von melodischen und atonalen Elementen waren wieder live bei den Finnen aus Espoo zu hören. Mir persönlich gefiel die starke Kontrastierung, die durch Ihr individuelles Spiel entsteht, was zu ihrem Aushängeschild zählt, sowie unüblicherweise ein Lead Keyboard.
(F)Vor dem Abschluss dieses Wochenendes, das viele wohl nie mehr vergessen werden, rätselte man noch kurz, welcher Zeitplan der vielen kursierenden denn nun der richtige ist. Müssen wir zwei Stunden Zwangspause einlegen wegen Rasenschach oder geht es trotz EM direkt weiter? Die Übertragung lief, doch das Interesse war eher gering. Und so war ich auch noch gar nicht wieder richtig zu Atem gekommen, als die ersten Klänge von Soulfly auf der Mainstage ertönten.
(M)Die Band aus Brazilien, welche zum Nu Metal zählt, hat am vergangenen Wochenende bewiesen, dass sie mit Trash und rockigen Extremen die Crowd zum Jumpen und circlepiten bekommen kann. Vor allem überzeugte Cavalera mit wuchtigen Riffs und Mitbrüllrefrains und der Drummer hielt die Menge mit der kontinuierlichen Flinkheit seiner Beine am bangen. Mir gefällt, das diese Band keine Problem mit Stilbrüchen hat und gern mal zur Sitar oder Mandoline greift und somit eine Individualität schafft, von der man mehr will. Mit Ihrem neuen Album Enslaved haben sie auch die Nackenmuskeln jedes Headbangers bis aufs äußerste gefordert und so selbst Sonntagabend jedes Quantum Energie aus den Fans gepresst.
(F)Erschöpft aber glücklich traten wir ein letztes Mal für dieses Wochenende den Heimweg an. Ließen in Bus und Zug noch einmal alles Revue passieren und schmiedeten Pläne für 2013. Dann wird das With Full Force zum 20. Mal steigen. In dem Vertrauen, dass die Macher sich für ihr Jubiläum etwas besonderes einfallen lassen, ist unsere Zusage fest. Und eure doch sicher auch?!
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