Vier Jahre nach Happiness is the Road veröffentlichten Marillion am 14. September 2012 mit Sounds that can’t be made ihr nunmehr 17. Studioalbum. Insgesamt acht neue Titel sind auf dem Silberling zu finden, von denen keiner kürzer als 5 Minuten ist. Im Zuge des Releases durften wir Sänger Steve Hogarth einige Fragen stellen.
Aufgenommen wurde das Album im bandeigenen Studio „Racket Club“ in Aylesbury und in den Real World Studios von Peter Gabriel. Der ewige Stress aus Aufnahmen, Livetour, Aufnahmen etc. führte bei Sänger Hogarth zu einer Art Schreibblockade. Wir fragten ihn, was er dagegen tat und wie dies Sounds that can’t be made beeinflußte. „Ich habe ein Haus renoviert. Ich weiß nicht ob das geholfen hat, aber es hat meinen Kopf in andere Bereiche gelenkt. Ich schrieb sogar einen Text „This Week’s House“, welchen wir zu einem kleinen guten Song verarbeiteten. Er wurde aber von der Qualitätssicherungs-Jury abgelehnt. Wie du weißt, haben wir uns entschieden uns Zeit zu lassen bis wir meinten, dass wir eine gute Auswahl von Songs haben. Die Leute haben gut auf die Lyrics reagiert, von daher muss es funktioniert haben.“
Zu allem Überfluss, wurde bei Keyboarder Mark Kelly, nach einer Thailandreise, eine Veränderung am Schädelknochen festgestellt, welche zum teilweisen Gehörverlust führte. Uns interessierte, wie diese Krankheit den Aufnahmeprozess des Albums beeinflußte. „Mark Kelly’s Krankheit spielt immer eine Rolle bei Aufnahmen und sonst auch 😮 – Ach du meinst das mit seinem Gehör ? Yeah – das passierte recht spät. Die Experten sind sich nicht sicher warum und wieso. Es muss furchtbar für ihn gewesen sein, doch er machte das Beste daraus. Ich bin sicher, ich wäre noch dramatischer gewesen. Sein Gehör scheint sich inzwischen auch langsam wieder verbessert zu haben.“
Der Opener ist „Gaza“, welcher mit 17 Minuten einer der längsten Songs der Bandgeschichte ist. Nach einen ruhigen Tönen wird man direkt ins Geschehen geschubst. Man hat hier die große Keule ausgepackt. Neben einigen ruhigen und auch poppigen Klängen, wechselt es stellenweise in harten Rock mit kantigen Sounds. Manch einem sind die Übergänge zu harsch. Doch scheint es sich hierbei um einen der politischsten Songs der Band zu handeln. Darauf angesprochen antwortet uns „H“: „Für mich ist Gaza nicht politischer als Easter, aber ich glaube, hier habe ich einfach mein Gefühl der Unfairness stärker zum Ausdruck gebracht. Ich habe in den Lyrics wirklich alles gesagt, was ich sagen wollte. Falls ich irgendjemanden damit auf die Füße getreten bin, tut es mir leid, das war nicht meine Absicht. Ich wollte vielmehr, dass die Leute sich ihr eigenes Bild und Gedanken über die Situation in Gaza machen. Ich finde es ist nicht richtig, das Kinder an einem Ort aufwachsen, welcher von einer Mauer umschlossen ist. Wenn das politisch ist, dann ist alles politisch.“
Der nachfolgende Titeltrack ist eine angenehme Mid-Tempo Nummer, getragen von Synthieklängen, welche im Mittelteil stark an Any Colour you like von Pink Floyd erinnern. Zum Finale präsentiert Gitarrist Rothery eine tolle und eingängige Gitarrenhookline, die mit Sicherheit lange im Ohr hängen bleiben wird.
Obwohl bisher keine Singleveröffentlichung geplant ist, wirkt „Power“ so, als wäre es dafür geplant worden. Der Song beinhaltet alles, was eine Hitsingle benötigt. Einen eingängigen Refrain mit „Mitgröhl-Faktor“ und eine angenehme Länge. Ein weiterer Song ist von ähnlichem Format ist Lucky Man. In diesem Song geht es um das moderne Streben nach immer mehr materiellem Besitz und Glückseligkeit. Also einer angebrachten Sozialkritik. „Ich denke, dass wir heute mit einer stark materialistischen Denkweise leben. Affen mit Ambitionen..echt dumm…Es hilft weder dem Planeten, noch macht es glücklich. Ich habe alles, was ich möchte…mit Ausnahme einer Yacht und Crew – das wäre schon nett. Then it would become a headache.“
Bereits vor dem Albumrelease war die Band in den USA unterwegs. Die erste Nordamerika Konzertreise seit über sieben Jahren. „Die Tour machte großen Spaß. Ich hatte ein paar kleinere Probleme mit meiner Stimme. Das war eher eine Art Erkältung. Der Zuspruch war fantastisch. Besonders denkwürdig war es in New York.
Dort testete man Power und Lucky Man auf Livetauglichkeit „Power lief besser als Lucky Man. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob wir Lucky Man gut genug gespielt haben. Angesichts dessen, dass die Songs vorher noch nie gespielt worden sind, waren die Reaktionen sehr gut.“
Wenn man sich die Lyrics der Songs anhört und im Booklet durchliest, scheint es als hätte man es einmal mit Sozialkritik (Gaza, Lucky Man) aber auch mit typischen Lovesongs zu tun. So bei Montreal und dem Abschlusslied Sky above the Rain. „Ich glaube jeder Text des Albums wurde mit Liebe geschrieben. Ich mache alles mit Liebe. Alle Worte sind wahr. Nicht unbedingt autobiografisch, aber „beobachtete“ Wahrheiten. Montreal ist mehr ein Auszug aus einem Tagebuch als ein Liebeslied. Sky above (the rain) ist definitiv ein Lovesong, ein schwieriger Song. Ich bekomme viele Emails in Bezug auf das Lied. Ich war erst besorgt, ob nicht der Text zu viel für die Leute sei. Es erleichtert mich aber zu hören, dass der Song die Menschen bewegt. Ich bekam eine Mail von einem Biker, der meinte, bis er Sky above the Rain hörte, hätte ihn ein Lied noch nie zum weinen gebracht. Das ist ein riesen Kompliment für mich und eine große Erleichterung.“
Natürlich durfte auch die Frage nicht fehlen, welches H’s persönlicher Favorit von Sound’s that can’t be Made ist. „Invisible Ink“ sorgt dafür, dass ich ,anstelle eines Nervenzusammenbruches, rumspringen und tanzen möchte. In diesem Sinne, ist es mein Favorit.
Wenn man das Album als Gesamtwerk betrachtet, fällt wiedereinmal der hohe Grad an musikalischer Finesse auf. Produktionstechnisch lässt Sounds that can’t be Made keine Wünsche offen. Viele der Songs sind nicht so leicht zugänglich wie von „This Strange Engine“ oder „Marbles“ und herrscht auch eine durchaus düstere Grundstimmung vor, welche schon beim Vorgänger zu hören war. Dies kann Neulinge etwas abschrecken. Eines ist sicher, je öfter man es hört, umso mehr wächst es. Fakt ist auch, live werden die Songs auch nochmal stark an Qualität gewinnen !
Versucht man eine eigene Verortung im Gesamtwerk, so würde ich das Album irgendwo zwischen Afraid of Sunlight und Brave verorten. Steve Hogarth will sich dabei jedoch noch nicht festlegen. „Frag mich nochmal in zehn Jahren. Eines ist sicher, wir haben noch nie solche Reaktionen von den Fans erhalten, wie für dieses Album. Alle gaben uns fünf Sterne.“
Wir geben 9/10 Punkte ! Im Januar werden wir dann vom Tourabschluss in Barcelona berichten ! Wir bedanken uns recht herzlich bei Steve Hogarth für das Interview ! Sounds that can’t be made bei www.amazon.de kaufen!Schlagwörter: Marillion, Mark Kelly, Sounds that can't be made, Steve Hogarth, Steve Rothery