Im Juni 2016 haben Pink Floyd begonnen ihren gesamten Backkatalog neu auf Vinyl aufzulegen. Dies ist insofern besonders, als das diverse Alben seit Jahren nur in Second Hand Läden als Schallplatte erhältlich waren. Der Reigen begann mit den Alben der Zeit zwischen 1967 und 1970 – „The Piper at the Gates of Dawn“ und „A Saucerful of Secrets“ sowie dem kombinierten Live/Studioalbum „Ummagumma“. Als viertes im Bunde der Soundtrack „More“. Alle Platten wurden vo n behutsam von James Guthrie, Joel Plante und Bernie Grundman in glänzender Weise remastert. Teils klingen die Alben so, als seien sie Brandneu!
Gleichzeitig wurde darauf geachtet, dass die Plattencover und Hüllen möglichst original getreu reproduziert werden. Mit „Atom Heart Mother“, „Meddle“, „Obscured by Clouds“ und „Animals“ geht es nun in die zweite Runde. Aufmerksame Leser werden jetzt Fragen, was ist mit „Dark Side of the Moon“ und „Wish you were Here“? Beide Alben sind bereits 2011/2012 neu auf Vinyl aufgelegt worden. Nun also Teil 2 unserer Pink Floyd Retrospektive.
Die Siebziger Jahre gingen für die fünf Briten genauso los, wie die Sechziger endeten: Auf Tour. David Gilmour & co arbeiteten unermüdlich an neuen Stücken und probierten diese vor einem Livepublikum. So wurden Songs wie „Shine on you Crazy Diamond“, „Dogs“ oder auch das Material von „Dark Side of the Moon“ auf diese Art perfektioniert. 1970 arbeiteten Pink Floyd hauptsächlich an dem Nachfolger zu Ummagumma. „Atom Heart Mother“. Es erschien am 10. Oktober 1970. Das Cover mit einer einzelnen Kuh auf der Weide wurde zu einer Ikone.
Der sonderbare Titel des Albums geht auf den legendären Radiomoderator John Peel zurück. Er stellte Roger Waters die Frage, wie er das zentrale, bisher unbenannte, Stück der neuen Platte vorstellen sollte. Der Bassist antwortete ihm: er solle einfach eine Tageszeitung nehmen und dort nach einem Titel suchen. Dieses 24 Minuten lange Werk, basiert auf einer Komposition David Gilmours mit dem Titel „The Amazing Pudding“ und wurde von Ron Geesin aufwendig für ein vollständiges Orchester arrangiert. Nick Mason betrachtet das Titelstück rückblickend betrachtet eher kritisch, vor allem sein Schlagzeugspiel sei wenig präzise, so dass die Suite im Tempo schwanken würde. Unter Fans genießt „Atom Heart Mother“ absoluten Kultstatus. Nicht nur, weil es die Schnittstelle zwischen der frühen Phase von Pink Floyd markiert, als dass es eben auch ein sehr eigenwilliges Stück ist. Auf der zweiten Seite befinden sich mit „If..“ (Waters), „Summer 68′ “ (Wright) sowie „Fat old Sun“ (Gilmour) drei Songs, die ähnlich wie bei „Ummagumma“ von einem jeweiligen Bandmitglied verantwortet wurden. „Alan’s Psychedelic Breakfast“ wurde zwar großteilig von Nick Mason zusammengestellt, im Credit steht aber die gesamte Band. Als großer Klassiker erwies sich in den letzten Jahren „Fat old Sun“. Die folklastige Nummer wurde von David Gilmour auf seiner On an Island Tour sowie 2015/2016 live gespielt.
Fast genau ein Jahr später erscheint „Meddle“ – zu deutsch etwa „sich einmischen“ Das Album bietet sowohl eher untypische Pink Floyd Tracks, als auch große Klassiker. Der wachsende Einfluss David Gilmours macht sich deutlich bemerkbar. Seine Stimme ist auf fast alle Stücken die dominantere. Ähnlich wie beim direkten Vorgänger bekommt auch hier ein Longtrack eine komplette Seite – „Echoes“. Es ist wohl eines der berühmtesten Songs der Zeit vor „Dark Side of the Moon“. Das elegische Duett von Gilmour und Wright, der psychedelische Mittelteil und die kongeniale Gitarrenarbeit machen „Echoes“ zu einem absoluten Paradestück. Böse Zungen behaupten sogar, dass Andrew Lloyd Webber eine Gitarrenlinie aus dem Lied für das Phantom der Oper verwendet hat.
Doch eigentlich ist „Echoes“ nur die zweite Seite von „Meddle“. Seite 1 bietet fünf teils sehr folkige Stücke. Der Opener „One of These Days“ geht jedoch erst mal einen ganz anderen Weg. Es ist ein grooviger, instrumentaler Einstieg in das Album. Die gedoppelte Basslinie ist hier genauso charakteristisch wie das Slidegitarrensolo am Ende. Das Instrumental bietet auch eine der seltenen Gelegenheiten Nick Masons Stimme in einem Pink Floyd Song zu hören, gleichzeitig avancierte es, nicht nur durch die Live at Pompeji Performance, zu einem absoluten Liveklassiker. „A Pillow of Winds“ sowie „Fearless“ sind von Akustikgitarren und der zarten Stimme von David Gilmour geprägt. In eine französische Bar entführt Roger Waters den Hörer mit „San Tropez“. „Seamus“ ist wohl der ungewöhnlichste Pink Floyd Song ever. Seamus war der Hund vom Humble Pie bzw. Small Faces Gitarristen Steve Marriott und durfte die Aufnahmen „einjaulen“. Verstörend und faszinierend zugleich..
Wie zu dieser Zeit üblich galt: nach dem Album ist vor dem Album. Das Jahr 1972 begann für Pink Floyd arbeitsreich. Die nächste Platte stand an. Dieses mal sollte es das Opus Magnum „Dark Side of the Moon“ werden. Diverse Stücke sind bereits 1970 in ihrer Rohfassung entstanden, doch sollten sie erst jetzt zur Perfektion kommen. Die Arbeiten an der Platte wurden unterbrochen als Barbet Schroeder, der Regisseur des Films „More“, fragte ob Pink Floyd den Soundtrack zu seinem neusten Film „La Valleé“ produzieren könnte. Dafür reiste die Band nach Paris und schloß sich zwei Wochen im Studio ein. Ähnlich wie bei „More“ sah man einen Rohschnitt und arbeitete mit Stoppuhren um Brüche und Themenwechsel einzustoppen.
Das „Obscured by Clouds“ benannte Album ist ein typischer Pink Floyd Soundtrack, der sowohl alle bekannten Elemente der Band beinhaltet und dennoch aus dem Kanon heraussticht. Da gibt es düstere Instrumentals wie den Titeltrack oder „When you’re In“, gemütlich hinplätschernde Songs „Burning Bridges“ oder aber auch rockigere Momente wie „The Gold It’s in The?“ Leider schafften es nur „Childhood’s End“ und „Whot’s…uh the Deal“ ins Liveset. Letzterer wurde sogar erst 2006 auf David Gilmours „On an Island“ Tour vorgestellt. Der Soundtrack zeigt mal wieder, dass Pink Floyd offenbar einen gewissen Druck brauchten um Vielfältig zu arbeiten. Nick Mason schreibt in seiner Biographie, dass die Lethargie und die oft zu langsame Arbeitsweise zu Stress innerhalb der Gruppe führten. Dies machte sich vor allem bei den Aufnahmen zu „Wish you were Here“ bemerkbar.
Zeitsprung.
Mit den folgenden Alben „Dark Side of the Moon“ und „Wish you were Here“ sicherten sich Pink Floyd einen Platz in der Musikgeschichte. Beide Alben sind regelmäßig in den Verkaufscharts zu finden. Doch der weltweite Erfolg brachte auch die Schattenseiten zutage. Innerhalb der Gruppe versuchte Roger Waters das Ruder an sich zu reißen und es kam zu Konflikten mit David Gilmour und Richard Wright. Dies mündete darin, dass man Wright 1979 aus der Band entließ. Gleichzeitig isolierte sich Waters immer mehr, daraus entstand später das Monumentalwerk „The Wall“.
Doch 1977 folgte erstmal „Animals“ – ein Werk, welches lose auf der Novelle „Die Farm der Tiere“ von George Orwell basiert. Waters begeisterte sich für die Idee, dass man menschliche Charaktere mit Tieren gleichsetzen könne. Gleichzeitig entstand mit dem Album das wohl ikonischste Pink Floyd Cover überhaupt – das Schwein (Algie benannt) das über der Battersea Powerstation in London schwebt. Es wurde berühmt, weil sich der Helium gefüllte Ballon los riss und für ein mittelschweres Chaos im Luftraum über der englischen Hauptstadt sorgte.
Die Stücke „Dogs“ und „Sheep“ stammen bereits aus der Zeit vor „Wish you were Here“. Damals als „You gotta be Crazy“ und „Raving and Drooling“ bezeichnet, wurden sie regelmäßig live gespielt, doch entschieden sich die vier Musiker die Songs zurückzustellen, da sie vom Stil her nicht zum Rest passten. Als man 1976 mit „Animals“ begann, veränderte Waters den Text und sie passten. Gerade „Dogs“ ist einmal mehr ein klasse Beispiel für die Gitarren und Gesangsarbeit David Gilmours. Allein das zweistimmige Gitarrensolo sucht hier seines Gleichen. „Pigs (Three Different Ones)“ ist stillistisch an „Have a Cigar“ vom Vorgänger angelehnt. Eingerahmt wird „Animals“ von dem Akustikstück „Pigs on the Wing“. Ursprünglich nahm Snowy White – den Pink Floyd für die Livetour engagierten, noch ein verbindendes Solo auf. Dies ermöglichte das Album quasi in Dauerschleife zu hören, doch wurde das Solo für die Vinylausgabe herausgeschnitten. Es ist nur auf der Kassettenversion enthalten.
Musikalisch unterscheidet „Animals“ deutlich von seinen Vorgängern. Die sphärischen Momente fehlen zu Gunsten von einem fast bluesigen Sound fast vollständig. Man könnte es schon fast als aggressiv bezeichnen. Vielleicht wollten Pink Floyd so auf die damals wachsende Punkbewegung reagieren.
Die anschließende Livetour – „In the Flesh“ benannt, wurde durchaus ein Erfolg. Für das Miteinander innerhalb der Band eher nicht. Der sog. Montreal Vorfall auf der Tour bildete schließlich einen der entscheidenen Momente für die Entstehung von „The Wall“. Doch dazu mehr im nächsten Teil.
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