Wer vor einigen Tagen unsere Juli Turntable gelesen hat, der ist ja über unsere neue „Finest Vinyl“ Rubrik bestens im Bilde. Heute soll es mit einem lang erwarteten ReRelease in die erste Runde gehen. Roger Waters‘ Amused to Death.
Der ehemalige Bassist von Pink Floyd war schon immer ein Freund von Konzeptalben. The Wall gilt immer noch als eine der einflußreichsten Platten dieser Art. The Final Cut von 1983 sollte seine letzte Zusammenarbeit mit Gilmour und Mason sein. Richard Wright schied bereits 1979 aus der Band aus. In der Folge konzentrierte sich Waters auf seine Solokarriere und präsentierte mit The Pros & Cons of Hitchhiking und Radio K.A.O.S. zwei durchaus überzeugende Soloalben. Von den Kritikern als auch den Fans wurden sie jedoch sehr gemischt aufgenommen. Dies sollte sich auch 1992 mit Amused to Death nicht ändern und das obwohl es in der damaligen Zeit thematisch absolut passte.
Thematisch schlägt Roger Waters einen Bogen vom Ersten Weltkrieg über das Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens 1989 und dem Golfkrieg. Zynisch und boshaft prangert er den Sensationsjournalismus sowie die Beeinflussung durch die Medien an. Dies wird zusammengehalten durch die Vorstellung, dass eine Person, im 1992er Original ein Affe, wahllos durch Fernsehsender schaltet.
Auch musikalisch ließ der Engländer nichts anbrennen. Nicht weniger als 26 Musiker sind auf Amused to Death zu hören. Unter Ihnen Don Henley, PP Arnold und Rita Coolidge als Sänger. An der Gitarre sind Jeff Beck, Steve Lukather oder auch Andy Fairweather-Low zu hören. Der ein oder andere wird sicherlich die Gitarre von David Gilmour vermissen. Auch Danny Cavanagh von Anathema meinte in einem Interview mit uns, wenn die Platte in gemeinsamer Arbeit mit David Gilmour entstanden wäre, dann hätte es das größte Pink Floyd Album aller Zeiten werden können.
Mit der Ballade über den Soldaten Bill Hubbard beginnt die Tour de Force. Der Weltkriegs Veteran Alf Razzell berichtet im Hintergrund wie er den verwundeten Hubbard 1917 zwischen den Fronten in Frankreich findet und ihn aber zurücklassen musste, weil er zu stark verwundet war. „What God wants“ kritisiert in seinen drei Teilen die Dogmatik von Religionen und deren Macht über den Menschen – Stichwort Fernsehprediger in den USA und religiösen Fanatismus. Teil 1 ist 1992 als Single veröffentlicht worden und erreichte die vierte Position der Billboard Charts.
Perfect Sense 1+2 ist vorallem ein Anti-Kriegs Song. P.P. Arnold – in den Sechzigern bekannt geworden durch „The First Cut is the Deepest“, bekommt hier eindrucksvoll Raum für ihren Leadgesang. Der zweite Teil erinnert an eine Radioübertragung eines Fußballspiels. Zwei Kommentatoren beschreiben eine Seeschlacht und lassen die „Global Anthem“ singen: „Can’t you see, it all makes perfect sense“. Einer der eindrucksvollsten Songs des Albums. Mit dröhnenden Gitarren geht es direkt in „The Bravery of Being out of Range“. Das Lied bleibt genau wie „Late Home Tonight“ bei der Kriegsthematik. Während letzteres die Luftschläge gegen Libyen 1986 thematisiert, ist ersteres vorallem durch den Zweiten Golfkrieg geprägt.
Fast schon eine intime Atmosphäre verbreitet „Watching TV“. Zusammen mit dem Eagles Sänger und Schlagzeuger Don Henley setzt sich Waters mit den Protesten auf dem Platz dem himmlischen Friedens in Peking und dem Zusammenspiel mit den Medien auseinander. Alles kulminiert schließlich im Titeltrack, der sich auf einer Länge von neun Minuten zu einem epischen Soundmonster aufbläht. Waters konstatiert, dass sich die Menschen in Folge des zunehmenden medialen Einflusses förmlich zu Tode amüsieren. Damit nimmt er die gleichnamige Theorie des Kulturkritikers Neil Postman auf. In Anbetracht der immer weiter fortschreitenden Vernetzung von realem Leben mit dem Internet ist diese Kritik aktueller denn je.
Schon bei seinem Erscheinen war Amused to Death ein klangliches Meisterwerk. Um Soundeffekte möglichst räumlich darstellen zu können, wurde es im sog. Q-Sound verfahren abgemischt. Wie schneidet nun das Remaster von James Guthrie ab ? Um es kurz zu machen absolut genial! Druckvolle Bässe und ein klares Soundbild. Wer das Original kennt, wird sich vielleicht bei „Perfect Sense“ und „The Bravery of Being out of Range“ über das ein oder andere wundern. Waters hat hier einige kleinere Veränderungen vorgenommen. So sind bei letzterem einige unterschiedliche Gitarrenlinien zu hören.
Alles in allem ist Amused to Death in der 2015er Version eine Wucht! Thematisch aktueller denn je, weiß es vielleicht grade deswegen zu überzeugen. Soundlich kann sich so manches Album eine gewaltige Scheibe abschneiden!
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