„Unfassbar schön, todtraurig und doch angenehm.“ (Laut.de), „(…)ein Garant für wundervoll ergreifende, einzigartige Musik „(metal.de). Was ist in den vergangenen Jahren nicht alles über Anathema geschrieben worden. Die sechsköpfige Band um die Brüder Danny, Vincent und Jamie Cavanagh aus Liverpool mit der Doom-Metal Vergangenheit hat sich seit Ende der 90er Jahre zu einer der wohl wichtigsten Alternativ Rock Bands Europas entwickelt. Mit Weather Systems erreichten sie 2012 Platz 14 der deutschen Albumcharts. Distant Satellites erreichte im Juni 2014 Platz 18 und war somit ähnlich erfolgreich. Passend dazu ist die Band nun auf der „Satellites over Europe“ Tour 2014. Wir waren für euch beim annähernd ausverkauftem Tourstop in Erfurt dabei.
Während der Support – die deutsche Band Mother’s Cake spielt, treffen wir eher zufällig Danny Cavanagh mit dem wir uns kurz unterhalten. Dabei erzählt er uns, dass John Douglas leider kurzfristig aus familiären Gründen nach England zurückkehren musste und erst im Verlauf der Tour wieder zur Band stoßen kann. Gleichzeitig fragten wir ihn, wieso Daniel Cardoso jetzt an den Drums sitzt. Dies komme daher, dass dieser eigentlich Schlagzeuger ist und da man nicht auf Douglas, als einer der führenden Songwriter der Band, verzichten will, spielt dieser nun Percussions und steuert ein Teil der Keys bei. Gleiches macht übrigens auch Cardoso, er steuert die Samples im Hintergrund. Danny Cavanagh spielt nun neben der Gitarre auch Klavier. Am 10. Januar 2015 wird er übrigens mit Anneke van Giersbergen im UnterRock vom Geyserhaus in Leipzig auftreten.
Doch nun zum eigentlichen Konzert. Anathema eröffnen das Konzert mit The Lost Song Part 1 und 2. Der erste Teil beginnt gediegen mit einer Streicherfläche. Die Wucht des unmittelbar darauf einsetztenden, rastlosen Drumbeats drückt den Song mächtig nach vorn. Vinnie Cavanagh und Lee Douglas geben sich im Duett dem immer mehr hochwindenden Stück hin, bis es im besungenen Hurricane förmlich explodiert nur um im zweiten Teil in einer der wohl schönsten Balladen zu münden. Schon hier macht sich der Wechsel von Daniel Cardoso an die Drums bemerkbar. War John Douglas kein schlechter Drummer, wirkte er manchmal doch etwas zaghaft. Cardoso hat da keine Scheuklappen und treibt die Band extrem nach vorn. Es ist schwer zu entscheiden ob nun die beiden Teile von The Lost Song oder das folgende Untouchable 1 + 2 einen besseren Album- und Konzertopener darstellen. Sicher ist auf jeden Fall, genial sind beide und selten schafft es eine Band derart mitreißend in einen Auftritt einzusteigen. Dem Zuschauer wird selten ein Moment zum verschnaufen geboten, zu sehr wird man in einer Achterbahnfahrt aus Melancholie und elegischen Sounds gefangen. Diese Magie wird nicht nur durch die Musik sondern auch durch die Band selbst transportiert. Die sechs Musiker lassen sich voll und ganz in die Songs fallen. Sie leben die Musik und spielen ihre Songs nicht 1 zu 1 vom Album nach. Mal kommt ein Teil hinzu, mal wird entschlackt. Die wohl größte Veränderung machte der Titeltrack des aktuellen Albums durch. Anfangs noch sehr am Original nimmt er zum Ende kräftig an Fahrt auf und wird wahrlich episch.
Das Gros der Songs stammt vom 2014er Opus Distant Satellites (6 Songs). Weather Systems ist dreimal vertreten. Der einzige Song, der an die vergangenen Tage von Crestfalen oder Pentecost 3 erinnert ist Fragile Dreams von Alternative 4. Anathema verleugnen ihre Vergangenheit nicht, sie haben sich einfach umorientiert. Wer damit nicht klar kommt, hat wohl Pech. So auch ein Zuschauer der einen Song von The Silent Enigma forderte. Als die Band dem nicht nachkam, rief er „Stupid“ und Vinnie Cavanagh zeigte ihm den Stinkefinger.
Wie lässt sich der Abend nun zusammenfassen? Nur schwer, denn die Eindrücke, welche Anathema hinterlassen sind derart vielschichtig, dass man sich erstmal sammeln muss um das Erlebte zu erfassen. Später kommt man zum Schluss, dass jeder sich selbst sein Bild machen sollte und diese Ausnahmeband einmal live erleben sollte. Als optimaler Einstieg oder Ersatz für die Leute die gerade keine Chance haben die Band live zu sehen, bietet sich da, das Livekonzert Universal von 2013 an. Man darf gespannt sein, wohin sich Anathema in Zukunft bewegen…
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