Schillers Alben waren in den letzten Jahren eine heiße Kiste. Zu seicht, fehlende Spannungsbögen, zu egozentrisch – so äußerten sich die Kritiker. Das Livealbum Symphonia von 2014 sorgte hingegen wieder für Begeisterung und Hoffnung, dass es wieder bergauf geht. Nun ist mit Future das neunte Album erschienen. Wir schauen mal ob der Blick in die Zukunft lohnt.
Future – Zukunft. Was bedeutet das? Um das herauszubekommen, zog Christopher von Deylen von Berlin an die Westküste der USA. Er lebte dort vorwiegend in der Gegend um Los Angeles und der Mojave Wüste. „Nach der letzten regulären Platte „Sonne“ konnte ich nicht einfach weitermachen, hatte ich doch das Gefühl, dass das Schiller-Konzentrat über die Jahre dünnflüssiger geworden war.“ erzählte er Szenerostock.
Obwohl Christopher von Deylen quasi offen mit der alten Schiller Vergangenheit gebrochen hat, eins darf nicht fehlen. Die berühmte Eröffnungssequenz mit Franziska Pigulla – der deutschen Stimme von Dana Scully. Ihr folgt das dreiteilige „Future“. Sofort fällt der veränderte Sound auf. Weniger organisch, fast klinischer. Allgemein hat sich der Sound auf dem Album deutlich in Richtung Tüftler wie Paul Kalkbrenner und Armin van Buuren gewandelt. Wie schon auf Sonne und noch mehr auf Opus wird hier auf schwebende Ambientflächen Wert gelegt. Klassische Hooklines wie in Nachtflug, Schiller oder Sehnsucht fehlen fast vollständig. Kaum ein Song ist kürzer als 5 Minuten. Dadurch werden teilweise echte Längen produziert.
Neben Samu Haber von Sunrise Avenue hat sich Schiller die 17 jährige Sängerin Kéta, den Songwriter Sheppard Salomon, Christina Scabbia, Arlissa und Tawgs Salter mit ins Boot geholt. Bis auf Haber ist in Europa keiner einem größeren Publikum bekannt. Vorbei also die Zeiten als ein Mike Oldfield, Midge Ure oder Moya Brennan angefragt wurde. Übrigens erzählte uns Jean Michel Jarre neulich, dass er die Musik von Schiller kennt und durchaus an einer Zusammenarbeit interessiert sei, es bisher jedoch zu keinem Kontakt kam. Der Urvater der elektronischen Musik in Kollaboration mit Christopher von Deylen könnte für beide ein Gewinn sein..
Es ist leider so, dass Future echte Höhepunkte vermissen lässt. Der Titeltrack, die Single „Paradise“ oder auch der Mammuttrack „Looking out for You“ machen durchaus Spaß und zeigen, das man aus dem Album wirklich hätte mehr machen können. Ist es wirklich Beliebigkeit, die hier dafür sorgt, dass der Funke nicht recht zünden will? Haben DJ’s wie Paul Kalkbrenner Schiller in seiner Entwicklung überholt und will von Deylen daran anschließen? Man wünscht sich sehnlich die Melodien herbei, die einem ins Ohr gehen, einem Bilder auf die Augen projizieren, einen wärmend umspielen. Leider vergeblich, schon fast kühl ist der Sound von Future.
Die zur Deluxe Edition gehörende DVD beinhaltet neben einer Featurette zur Entstehung der Platte, zwei Zusammenschnitte der Klangweltentour von 2013 sowie vier unterschiedliche Kameraeinstellungen der „Sonne live“ DVD/BluRay.
Man darf auf die Livetour gespannt sein. Nach der „Sonne live“ Tour wurde fast die gesamte Band entlassen. Danach folgten nur noch Auftritte in der Klangwelten Besetzung. Gerade mit Gitarren, akustischen Drums und Bass wurde Schiller zu etwas wirklich besonderem. Man erinnere sich an die großartigen DVD’s Tagtraum und Sehnsucht live. Das man es kann, bewies zuletzt das Symphonia Projekt mit den Berliner Philharmonikern.
Alles in Allem ist Future ein leicht ernüchternder Blick in die Zukunft. Schiller aka Christopher von Deylen gibt Innovation und Emotion zu Gunsten von Mainstream auf. Zu offensichtlich ist die Anbiederung an andere bekannte Elektronic Musiker der Gegenwart. Das ist verdammt schade, denn man weiß, dass er es deutlich besser kann. Vielleicht ist eine Rückkehr nach Deutschland und die Besinnung auf die eigene Vergangenheit manchmal doch besser, um erfolgreich in die Zukunft zu blicken.
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