George Harrison, der stille Beatle. Lange Zeit waren viele seiner 12 Soloalben nicht auf Vinyl erhältlich. Dies ändert sich jetzt. In einer umfassend aufgearbeiteten Werkschau werden alle Studio sowie eine Liveplatte in einer Box veröffentlicht. Insgesamt 16 LP’s sowie zwei Picture Discs und ein Buch beinhaltet diese Kollektion. Das hat seinen Preis. Wir haben uns zwei der Alben exemplarisch herausgepickt.
Live in Japan (1992)
Irgendwann Anfang der Neunziger geriet Harrison in eine finanzielle Notlage. Eric Clapton hatte die Idee für eine Tour durch Japan. Diesem Vorschlag stimmte der Musiker zu und man tourte knapp drei Wochen. Es war George Harrisons zweite Solotour. Die Band bestand aus der Tourband von Eric Clapton. Andy Fairweather-Low an der Gitarre, Nathan East (Bass), Steve Ferrone (Drums), Chuck Leavell und Greg Phillinganes (beide Keys), Ray Cooper (Percussion) sowie den Backing Vocals: Tessa Niles und Katie Kissoon. Das zugehörige Livealbum erschien schließlich im Juli 1992. Leider war ihm kein großer Erfolg beschieden – warum ist fraglich. Ist es doch eines der letzten Livedokumente des „stillen Beatles‘ “ – vor allem aber ist es ein wunderbarer Querschnitt bestehend aus Liedern der gesamten Solokarriere – abgesehen von den beiden Instrumentalalben „Wonderwall Music“ und „Electronic Sound“ – sowie dem ein oder anderen Beatles Klassiker.
Eröffnet wird das Konzert mit dem Reigen von Beatles Songs „I want to tell you“, „Old Brown Shoe“ und „Taxman“. Kein Stück, was hier gespielt wird ist übrigens ein Lennon/McCartney Stück – nicht verwunderlich. Ein erster wirklicher Höhepunkt ist „Something“. Es gibt eigentlich keinen Musiker, der dieses Stück so perfekt spielen kann. In Verbindung mit Eric Claptons singender Gitarre ein Hochgenuss. Übrigens, nur den wenigsten ist bekannt, dass James Taylor seinen Song „Something in the way she moves“ – nach der ersten Zeile des Harrison Stückes benannt hat. Klar George Harrison war gerade in seiner späteren Karriere weniger gut bei Stimme, doch man ist eine gewisse Unsauberkeit in seiner Tonlage gewöhnt. Beschlossen wird die erste LP dem Nr. 1 Hit „Got my mind set on you“.
Die zweite Platte bietet ein wahres Hitfeuerwerk: „Here Comes the Sun“ – das Stück, dass die meisten mit George Harrison bei den Beatles verbinden, „My Sweet Lord“ oder auch „Isn’t it a Pity“. Was wäre ein gemeinsames Konzert von Eric Clapton und George Harrison ohne „While My Guitar Gently Wheeps“. Slowhand fährt hier zu absoluter Hochform auf. Alles in allem ist „Live in Japan“ nicht nur ein überzeugendes Livedokument. Es zeigt auch einmal mehr die tiefe freundschaftliche Verbindung zweier Ausnahmemusiker.
Brainwashed (2002)
Ein Jahr nach George Harrisons Tod im November 2001 veröffentlichten seine Hinterbliebenen das Album „Brainwashed“. Die Arbeiten an seiner letzten Platte zogen sich über annähernd 10 Jahre. Nur sporadisch arbeitete er in den Jahren nach 1992 an neuen Songs, wobei die Mehrzahl zwischen 1997 und 2001 aufgenommen wurde. Der älteste Song stammt aus dem Jahr 1989. „Run so Far“ entstand ursprünglich für Eric Claptons „Journeyman“ Album. Harrison fügte seinen Leadgesang und einige neue Gitarrenlinien mit ein.
Stilistisch ist „Brainwashed“ am ehesten als Laid Back zu beschreiben. Freunde der „Travelling Wilburys“ werden sich hier eindeutig wiederfinden. Es verwundert nicht, dass mit Jeff Lynne und Jim Keltner zwei Musiker dabei waren, die den Wilburys Sound maßgeblich geprägt haben. Weitere Soundanleihen lassen sich in „All Things Must Pass“ finden. Vor allem ist dies der schwebende Slide der Gitarren und die gewisse Poesie im Gesamtsound. Thematisch lässt sich „Brainwashed“ im Bereich der Gesellschaftskritik verorten. Sowohl Politiker als auch große Konzerne bekommen ihr Fett weg. Doch aber auch philosophische Themen über das Leben an sich lassen sich finden.
Alles in allem ist „Brainwashed“ ein würdiger Schwanengesang. Es zeigt einen George Harrison in dem Sound in dem er sich offenbar äußerst wohl fühlte. Er konnte tun und lassen was er wollte. Vor allem war er niemandem verpflichtet. Diese gewisse Leichtigkeit ist, trotz der Trauer über den Verlust des Musikers, allgegenwärtig.
Schlagwörter: Beatles, George Harrison
Schlagwörter: Beatles, George Harrison