Deep Purple werden kriminell? Wie jetzt? Was ist passiert? Ganz einfach – Corona. Ein Jahr nach „Whoosh“ melden sich die Briten mit einem weiteren Album zurück. Mit „Turning to Crime“ betritt das Quintett mehr oder weniger Neuland (oder doch eher ausgetretene Pfade?) – denn auf ihrem 22. Album stammt kein einziger Song aus der Feder von Gillan, Morse & co.
Warum nun ein Coveralbum? Deep Purple hatten während des Lockdowns keine Möglichkeit zusammenzukommen und gemeinschaftlich an neuen Liedern zu arbeiten. Um dennoch irgendwie aktiv zu sein, durfte jeder eine handvoll Songs vorschlagen. Demokratisch wurde entschieden, was man ausprobiert. Insgesamt 12 Stücke haben es auf die Doppel-LP geschafft. Gemixt wurde die Platte von Produzentenlegende Bob Ezrin.
Dass die Mitglieder von Deep Purple einen Hang zur Musik der 50er – 70er haben, dürfte allein auf Grund ihres Alters schon auf der Hand liegen. Ian Gillan hat bereits 2018 ein Album mit seiner Jugendband „The Javelins“ auf den Markt gebracht, dass hauptsächlich Musik der 60er beinhaltet. Im Interview mit Rheinpfalz.de erzählt Roger Glover, dass man auch überlegte Songs der letzten 15-20 Jahre zu nehmen, doch es gab nichts was allen Mitgliedern gefiel. „Turning to Crime“ fasst Musik von Mitch Ryder, Bob Dylan, Bob Seeger, Spencer Davis Group, den Yardbirds oder auch Cream zusammen. Dadurch ist die Platte auf der einen Seite, wohl die ungewöhnlichste Deep Purple Platte, die es je gab – auf der anderen Seite schaffen sie es, den Vorbildern ihren eigenen Stil aufzudrücken. Irgendwo tut es auch mal gut, einen Steve Morse nicht Tonleitern hoch und runter schreddern zu hören.
Nehmen wir beispielsweise „Jenny Take a Ride!“ – fast schon zahm wird hier hin und her gebluest. Oder Creams „White Room“ – nah am Original hangeln sich Deep Purple hier entlang. Immer wieder wird eine Synthkaskade von Don Airey abgefeuert und am Ende darf sich Steve Morse an Eric Claptons Solo versuchen. Doch er versucht es garnicht erst – Morse improvisiert hier perfekt um das eingängige Riff herum. Bis es irgendwann ausgeblendet wird. Besonders spannend ist das Medley „Caught in the Act“ – hier toben sich die Bandmitglieder richtig aus, ehe es in „Gimme Some Lovin“ mündet.
Es ist richtig wenn Gillan im EPK sagt „Wir haben die Nummern nicht nachgespielt, wir haben sie purpelized.“ Man spürt überall die Originale – bewegt sich nah an ihren Mustern und dennoch geben sie immer das gewisse Purple Feel mit rein. Sogar die ein oder andere Reminiszenz an eigene Stück, wie „Smoke on the Water“ in „Rockin‘ Pneumonia And The Boogie Woogie Flu“ oder an „Highway Star“ in „Caught in the Act“, fanden ihren Weg auf das Doppel-Album.
Alles in allem ist „Turning to Crime“ ein richtig spannendes Album. Man wagt sich hier an ein Experiment, dessen Fallhöhe durchaus hoch ist. Vielleicht hat man sich deshalb auch an Stücke gewagt, die heute nicht mehr im Mainstream bekannt sind – bis auf „White Room“ vielleicht. Man kann sagen: das Experiment ist geglückt. Die Alten Herren können es noch.
Schlagwörter: Deep Purple
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